HANNOVER RÜSTET SICH FÜR DIE ENERGIE DER ZUKUNFT

07. Juli 2017 / Magazin

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Erneuerbare Energien, Ressourceneffizienz, Mobilität und Vernetzung beschäftigen die Menschen und die Branche in der heutigen Zeit immer mehr. Doch wie sieht die Energie der Zukunft aus und welche richtungsweisenden Maßnahmen oder Einrichtungen existieren vor allem in Hannover und der Region? Die grundsätzliche Antwort ist relativ einfach: In der niedersächsischen Landeshauptstadt tut sich einiges. Besonders spannend sind dabei die genannten Themenfelder, die auf den folgenden Seiten genauer vorgestellt werden.

„Energiewende“ lautet das Zauberwort, das Verbraucher und Produzenten seit einigen Jahren gleichermaßen in Atem hält. Bekanntlich hat die Bundesregierung beschlossen, bis zum Jahr 2022 alle Kernkraftwerke in Deutschland vom Netz zu nehmen. Was sich vom Kern her vernünftig anhört und ein Gefühl von Sicherheit vermittelt, stellt die Wirtschaft allerdings vor nicht unerhebliche Herausforderungen. Denn: Die Bundesregierung kündigt über ihr Presse- und Informationsamt an, dass Deutschland eine der umweltschonendsten und energiesparsamsten Volkswirtschaften werden soll – und das bei wettbewerbsfähigen Energiepreisen und hohem Wohlstandsniveau. Klingt nach viel Arbeit – und erneuerbare Energien und Energieeffizienz werden deshalb immer entscheidender, alternative Antriebsmethoden für Fahrzeuge für viele Menschen spannender.

CARSHARING BELIEBTER DENN JE
Da passt es ins Bild, dass in Hannover bereits 1992 durch den Ökostadt e. V. über das Projekt „teilAuto“ erstmals Carsharing angeboten wurde. Anfang der 2000er-Jahre gründeten die Verantwortlichen das Projekt aus dem Verein aus und riefen 2006 die stadtmobil Hannover GmbH ins Leben. Mittlerweile umfasst die Fahrzeug-Flotte 260 Stück. Verteilt sind die Autos auf insgesamt 95 Stationen, die sich nicht nur in Hannover, sondern auch in der Region sowie Braunschweig und Hildesheim befinden. „Bis zu den Sommerferien kommen noch weitere 40 Neuwagen dazu“, verspricht Judith Siano in ihrer Funktion als Referentin der Geschäftsführung und Abteilungsleiterin Kundenservice bei der stadtmobil Hannover GmbH. Und Siano hat noch weitere, interessante Details zu erzählen: „Wir verzeichnen ein stetig steigendes Interesse an unserem Angebot und haben mittlerweile rund 5.900 Nutzer. Die können durch die Kooperation mit anderen Organisationen deutschlandweit sogar mehr als 3.000 Fahrzeuge in 180 Städten nutzen.“ In Hannover stehen sechs Fahrzeug-Klassen zur Verfügung. Die Abrechnung erfolgt immer nach Zeit und gefahrenen Kilometern, für die stationsgebundenen Stadtmobile existieren Stunden, Tages- und Wochenpreise. Ohnehin ist Carsharing absolut auf dem Vormarsch und beliebter denn je. Der Bundesverband Carsharing (bcs) bilanziert in seiner neuesten Studie, dass ein Carsharing-Fahrzeug acht bis 20 private Autos einspart. „In Ballungsgebieten mit starkem Parkdruck, wie zum Beispiel in Linden, der List oder der Südstadt, liegt der Schlüssel tatsächlich bei 20 eingesparten, privaten Fahrzeugen pro Stadtmobil mit festem Stellplatz“, unterstreicht Judith Siano mit ihrer Aussage, dass bei den Menschen, die in Zentren leben, im Bereich der Mobilität langsam ein Umdenken stattfindet.

STADT HANNOVER ENGAGIERT SICH
Das hat man auch bei der Stadt Hannover registriert. Aus diesem Grund wird derzeit ein „Umsetzungskonzept zur Elektromobilität in Hannover“ erarbeitet. „Dieses Konzept wird auch das Thema Ladeinfrastruktur beinhalten. Bis Ende dieses Jahres soll es den Ratsgremien zur Entscheidung vorgelegt werden. Dies verdeutlicht, dass die Stadt das Thema ernst nimmt“, sagt Stadt-Sprecher Alexis Demos. Apropos Ladeinfrastruktur für Elektro-Fahrzeuge: Die kann sich in der Region Hannover absolut sehen lassen. Insgesamt sind 39 Ladestationen mit unterschiedlich vielen Ladepunkten vorhanden (Stand November 2016). Das bedeutet im Umkehrschluss: Das Netz ist hier mittlerweile so engmaschig, dass die Besitzer von elektronisch betriebenen Fahrzeugen problemlos rund um Hannover unterwegs sein können und sich keine Gedanken darüber machen müssen, wo sie denn die nächste Strom-Tankstelle finden. Trotzdem ist in Sachen Elektro-Mobilität auch noch Luft nach oben vorhanden. Das wird beim Blick auf die Zahl der angemeldeten Gefährte deutlich. „Stand Januar 2017 waren in Hannover rund 1.300 Elektro- und Hybridfahrzeuge angemeldet“, hält Alexis Demos fest und berichtet weiter, „dass insgesamt rund 246.000 Kraftfahrzeuge, einschließlich Lkw und Krafträder, angemeldet sind.“

GANZ BESONDERE BUSSE
Zu den Elektro-Fahrzeugen zählen seit dem vergangenen Jahr auch drei Busse der ÜSTRA Hannoversche Verkehrsbetriebe AG. Die sind auf den Linien 100 und 200, die als repräsentative Ringlinien durch die Innenstadt führen, unterwegs. Die Linien sind jeweils 16 Kilometer lang und besitzen insgesamt 42 Haltestellen. Die Fahrzeit beläuft sich auf je rund 53 Minuten. „Für den Testbetrieb mit den Elektro-Bussen haben wir optimale Bedingungen geschaffen. Ideal sind die kreisförmige Linienführung und die kurzen Abstände zwischen den Haltestellen. Zudem besteht ein gemeinsamer Endpunkt am August-Holweg-Platz“, weiß Wilhelm Lindenberg, Vorstand für Betrieb und Personal der ÜSTRA, zu berichten. Besonders sind sicherlich die Lademasten. Die befinden sich an besagter Endstation und ermöglichen es, die Batterien der Busse durch ein Schnellladeverfahren in lediglich vier bis sechs Minuten nachzuladen. Dazu wird ein auf dem Dach der Busse montierter Pantograf ausgefahren, der sich an den Lademast andockt. Ebenfalls erwähnenswert: Während der Testphase werden die Busse mit CO2-freiem Strom versorgt, der aus dem Fahrleitungsnetz der Stadtbahnen stammt. „Somit fallen gesundheitsgefährdende Emissionen weg und es entstehen keine verkehrsbedingten Treibhausgase“, so Lindenberg. Die Busse hat sich die ÜSTRA übrigens einiges kosten lassen. Die Kaufsumme für einen Bus beläuft sich auf 620.000 Euro, was etwa zweieinhalb Mal so viel ist wie für ein herkömmliches Diesel-Modell. Die jeweils verbaute Batterie wiegt 500 Kilogramm und besitzt eine Gesamtkapazität von 125 kWh. Auch abgesehen von den Elektro-Bussen setzt sich die ÜSTRA für umweltfreundliche Mobilität ein. „Unsere Stadtbahnwagen erzeugen die genutzte Energie teilweise selbst – durch umgewandelte Bremsenergie. Der Rest ist seit 2015 CO2-freier Strom“, resümiert Wilhelm Lindenberg mit berechtigtem Stolz. Darüber hinaus sind 62 Hybrid-Busse vorhanden. Gemäß des eigenen Mottos „Unsere Vision – Null Emission“ kommt das Unternehmen, das pro Jahr knapp 176 Millionen Fahrgäste befördert, dem langfristigen Ziel, den Nahverkehr zu 100 Prozent CO2-frei zu gestalten, somit sukzessive näher.

ALTERNATIVE ANTRIEBSMETHODEN UND WINDENERGIE
Ohnehin ist Hannover ein echter Vorreiter, wenn es um Innovationen und Effizienz im Bereich der Energie geht. Da passt es ins Bild, dass die Stadtwerke Hannover mit ihrer Marke enercity hier mit gutem Beispiel vorangehen und sich seit mehr als 20 Jahren mit alternativen Antriebsmethoden beschäftigen. Mittlerweile betreibt das Unternehmen zahlreiche Elektro- und Erdgas-Tankstellen in Hannover und der Region. „Elektromobilität ist ein wichtiges Zukunftsthema, das enercity mit großem Engagement verfolgt. Die positiven Erfahrungen auf Hannovers Straßen bestätigen uns in der Annahme, dass sich E-Mobilität im Bereich des motorisierten Individualverkehrs in Großstädten stark entfalten wird“, konstatiert enercity-Pressesprecherin Bianca Bartels. Als kommunaler Energieversorger kümmert sich enercity außerdem um den Ausbau von Windenergie und möchte bis 2020 regenerativen Strom in Höhe des Verbrauchs von rund 400.000 Privathaushalten liefern – die Hälfte davon aus Windenergie.

 

DIE ERNEUERBAREN ENERGIEN WERDEN DIE STROMVERSORGUNG GARANTIEREN.

 

VORREITER BEI ERNEUERBAREN ENERGIEN
Wenn es um Windkraft, Fotovoltaik und Energieeffizienz geht, dann ist auch Ludwig Brokering in der Region ein gern gefragter Ansprechpartner. Denn: Brokering weiß, wovon er spricht, und ist in der Branche schon seit über 20 Jahren tätig. Seine Motivation für ein Engagement im Bereich der erneuerbaren Energien stammt bereits aus der eigenen Jugend. „Die Tschernobyl-Katastrophe vor gut 30 Jahren hat mich definitiv geprägt“, sagt Ludwig Brokering, der sich ab Mitte der 1990er-Jahre beruflich bei der Firma Windwärts einbrachte und seit einigen Jahren mit seinem eigenen Unternehmen, der Energie Brokering GmbH, als Planer und Berater fungiert – und das unter anderem für Fotovoltaik-Anlagen und Elektromobilität. „Früher war die Windkraft die erste Option für eine nachhaltige, sichere Form der Energieerzeugung in Bürgerhand. Heute ermöglichen Fotovoltaik-Anlagen in Verbindung mit smarten Technologien jedem Eigenheimbesitzer, die Energiewende in den eigenen vier Wänden kostengünstig umzusetzen. Und auch die Nutzung der Elektromobilität wird zukünftig einen großen Teil zur CO2-Reduzierung beitragen“, ist sich Brokering sicher.

SPANNENDES START-UP-UNTERNEHMEN
Spannend ist der Bereich Energie natürlich auch für die Besitzer von Privat- oder Geschäftsgebäuden, die sich unter anderem für Energieeinsparpotenziale interessieren. Wer sich auf diesem Sektor informieren möchte und sich nicht genau auskennt, dem kann seit März 2012 die Energieheld GmbH mit ihrem Effizienzportal www.energieheld.de weiterhelfen. Auf der Plattform bekommen Kunden Informationen über verschiedene energetische Maßnahmen, Förderangebote und Finanzierungsmöglichkeiten. Selbst der Kontakt zu Energieberatern und Handwerkern ist möglich. Und das Angebot, das unter anderem Lexikon und Blog umfasst, kommt an. „Auf unserer Website sind derzeit täglich 15.000 Nutzer unterwegs und uns erreichen daraus etwa 110 konkrete Sanierungsanfragen“, sagt Energieheld-Pressesprecher Sebastian Zahn. Besonders ist auch: Energieheld fungiert nicht nur als Informationsquelle und Vermittler, sondern begleitet das Sanierungsprojekt als Ansprechpartner für beide Seiten, also Kunden und Handwerker. „Energiesparen muss einfach sein“, begründet Sebastian Zahn und fügt an: „Wir sehen die Zukunft in diesem Bereich ganz klar bei den erneuerbaren Energien, denn die werden die Stromversorgung garantieren.“

Alle Beispiele dokumentieren in jedem Fall, dass in Hannover vieles in Bewegung ist, wenn es um Energie geht. Nach außen für eine breite Masse deutlich wird das zumindest immer ein Mal pro Jahr, wenn die HANNOVER MESSE über die Bühne geht – und mit ihr auch die Leitmesse Energy. Die wird völlig zu Recht oft als „globaler Hotspot des Energiesektors“ beschrieben und kann von sich selbst behaupten, dass sie als einzige Messe alle Themen der Branche gebündelt abbildet. Darunter befinden sich – und hier schließt sich der Kreis – auch die Mobilität und die Energieerzeugung der Zukunft. //

Text: Rouven Theiß

Bilder: enercity

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