Digitales Erbe: Was Du heute kannst besorgen …

09. Februar 2021 / Magazin

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Wenn Sie „digitales Erbe“ lesen, verspüren Sie den Impuls, sofort weiterzublättern? Das ist nachvollziehbar. Niemand hat Lust, sich mit seinem Lebensende auseinanderzusetzen. Dabei betrifft das Thema nicht nur das Lebensende, sondern auch eine vorübergehende Handlungsunfähigkeit – stellen Sie sich vor, Sie liegen einige Wochen im Koma und kommen nach einer langen Rehabilitation wieder auf die Beine. Wäre es nicht beruhigend zu wissen, dass sich in der Zwischenzeit jemand verantwortungsbewusst und in Ihrem Sinn um Ihre digitalen Angelegenheiten gekümmert hat?

Wer digital aktiv ist, hinterlässt oft zahlreiche Passwörter und Zugänge. Doch was geschieht mit diesen Daten, wenn sich derjenige, dem sie gehören, nicht mehr darum kümmern kann? Eine Umfrage des Digitalverbandes Bitkom aus dem vergangenen Jahr hat ergeben, dass sich nur 13 Prozent der Internetnutzer vollständig um ihren digitalen Nachlass gekümmert haben. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass sie nicht nur über materielles und finanzielles Eigentum verfügen können, sondern auch über ein digitales Erbe. Übernimmt man dafür die Verantwortung, macht man es nicht nur seinen Erben leichter. Unternehmer sorgen für die Weiterführung ihres Betriebs, wenn sich Nachfolger oder Interimsmanager Zugang zu wichtigen Daten verschaffen können.

Auch ein Smartphone kann für den Verwalter des digitalen Nachlasses als „Masterkey“ dienen.

Bis 2018 gingen nur Daten, die auf einer Festplatte oder anderen Datenträgern gespeichert waren, auf Erben über. Daten, die auf einem Server lagen wie Mails oder Dateien in einer Cloud, gehörten dem Anbieter. Dann fällte der Bundesgerichtshof im „Facebook-Urteil“ eine wegweisende Grundsatzentscheidung: Eltern verlangten Zugriff auf das Facebook-Konto der verstorbenen Tochter.

In dem Urteil entschied der Oberste Gerichtshof, dass das Facebook-Konto eines Verstorbenen grundsätzlich auf die Erben übergehe. Klargestellt wurde außerdem, dass Facebook den Erben vollen Zugang gewähren muss. Ein Datenträger reiche nicht aus. Auch das Technologieunternehmen Apple wurde bereits gerichtlich gezwungen, Angehörigen eines Verstorbenen Zugang zur iCloud zu gewähren. „Grundsätzlich ist der digitale Nachlass vererblich, das heißt, die Erben können als Rechtsnachfolger des Erblassers die gespeicherten Daten und Nutzerkonten des Verstorbenen einsehen. Sie sind berechtigt, die Konten zu kündigen oder zu löschen. Zusätzlich zum Erbrecht sind aber weitere Gesetze zu berücksichtigen, wie Datenschutz, Persönlichkeitsrechte, Urheberrechte oder Rechte von Dritten“, erklärt Gabriele Wiesner von der Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover.

UMFANGREICHE DIGITALE SPUREN

Das digitale Erbe umfasst einerseits Dateien, wie Dokumente oder Bilder, die offline auf einem Gerät gespeichert sind. Es betrifft aber auch zahlreiche Spuren, die wir digital hinterlassen: Kommunikation über Mails, WhatsApp, Threema etc., Onlinekonten und -verträge, Social-Media-Accounts, Musik, Video, Film (Streamingplattformen), Payment wie PayPal und Shopping, Verkaufsplattformen wie Ebay, E-Books oder Websites. Der Nachlass kann materielle Werte wie ein PayPal-Guthaben oder passives Einkommen aus E-Books umfassen, Schulden aus Onlinebestellungen oder ideelle Werte wie Facebookprofile. Ein Sonderfall, auf den an dieser Stelle nicht weiter eingegangen wird, sind Kryptowährungen.

Mithilfe des iCloud-Schlüsselbunds können Passwörter und andere Sicherheitsinformationen auf allen Geräten synchron gehalten werden.

SCHRITT 1: ÜBERBLICK VERSCHAFFEN

So viel zur Theorie. Aber wie geht man konkret vor, wenn man sich nun um sein digitales Erbe kümmern möchte? Der erste Schritt ist eine Bestandsaufnahme. Verschaffen Sie sich einen Überblick über Konten, Zugänge und Passwörter und dokumentieren Sie alles. Wer dafür eine kostenlose Vorlage sucht, wird auf der Webseite der Verbraucherzentrale fündig. Experten empfehlen jedoch, für diese Liste aus Gründen der Datensicherheit kein Notizbuch und keine Exceltabelle zu verwenden.

Eine Alternative wäre ein USB-Stick, der in einem Safe oder Bankfach hinterlegt wird. Dieser muss jedoch regelmäßig aktualisiert werden, wenn sich Passwörter verändern. Außerdem ist ein USB-Stick äußeren Einflüssen ausgesetzt – im schlechtesten Fall gehen Daten verloren. Eine Lösung ist die Nutzung eines digitalen Kennwortmanagers. Die Daten werden in einer einzigen, verschlüsselten Datei abgelegt, die durch ein Master-Kennwort geschützt ist. Die Datenbank kann je nach Software sicher über eine Cloud synchronisiert werden und bleibt so auf beliebigen Geräten aktuell.

Das Masterkennwort muss so hinterlegt werden, dass die mit dem Erbe beauftragte Person es findet. Die bekannteste kostenpflichtige Software für Passwortmanagement ist 1Password, andere sind Enpass, LastPass oder Dashlane. Eine kostenfreie Alternative ist KeePass, eine Software, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik empfohlen wird und Anfang des Jahres von Stiftung Warentest mit „gut“ benotet wurde. Allerdings mit dem Hinweis, dass sie solides Technikwissen erfordert. Nicht alle Daten, die wir im Laufe unseres Lebens erzeugen, wollen wir vererben. Manche Geheimnisse sollen auch über unseren Tod hinaus geheim bleiben. Deshalb bieten diese Software meist die Möglichkeit, unterschiedliche Ebenen einzurichten: eine Ebene, zu der nur Sie das Masterpasswort kennen, und weitere, bei denen Sie das Passwort weitergeben können.

Text: Susanne Bührer

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