Mit Stattreisen Hannover entdecken

22. Mai 2020 / Aktuell

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Kunsthistorikerin Barbara Schlunk-Wöhler ist seit vielen Jahren für Stattreisen tätig und entwirft viele ihrer Führungen selbst.

„Eine Stadtführung lebt davon, dass alle Sinne geweckt werden“

Stattreisen Hannover zeigt Einwohnern und Gästen die Stadt. Jede Tour hat einen eigenen Themenschwerpunkt und gibt den Teilnehmern Einblicke in die bewegte Geschichte der Landeshauptstadt, das Alltagsleben und das aktuelle Stadtgeschehen. So verbindet Stattreisen Bildungsarbeit und Stadterlebnis mit umweltverträglichem Tourismus. radius/30 hat Stadtführerinnen und Stadtführer um einen Blick hinter die Kulissen gebeten. Kunsthistorikerin Barbara Schlunk-Wöhler ist schon viele Jahre für Stattreisen tätig und begleitet über 15 verschiedene Touren aus unterschiedlichen Themenbereichen (Kunst, Architektur, Gesellschaft, Kulinarisches …). Viele der Rundgänge hat sie selbst konzipiert und sie denkt sich auch weiterhin regelmäßig neue Stadtführungen aus: im vergangenen Jahr Hannovers weibliche Note, die kulinarische Tour Hannover häppchenweise oder auch die Sternfahrt durch Hannover, bei man mit der U-Bahn über und unter den Straßen Hannovers unterwegs ist. Beim romantisch-musikalischen Stadtspaziergang Liebe, Leine, Leidenschaft begleitet sie mit einem Sänger Stattreisende auf der hoffnungsvollen Suche nach Glückseligkeit.

radius/30: Frau Schlunk-Wöhler, welches Viertel von Hannover ist Ihr Lieblingsviertel und warum?

Barbara Schlunk-Wöhler: Am besten gefallen mir in Hannover Orte, die auf besondere Weise Geschichte erzählen können. Das müssen nicht schöne, vermeintlich attraktive Gebäude oder Plätze sein! Hannover hat sich stets verändert, einschneidend war natürlich der Zweite Weltkrieg, aber auch schon zu früheren Zeiten hat es deutliche Veränderungen von Stadtansichten gegeben. Markante Bauten wie zum Beispiel Stadttore verloren im Lauf der Zeit ihre Bedeutung, sie wurden unter Umständen abgetragen. So auch das sogenannte „Steinerne Tor“, das heute im Stadtteil Mitte einem Gebiet den Namen gibt, das Steintorviertel!

Ein spannendes Gebiet, das reich an Stadtgeschichte ist! So führe ich die Gäste zu dem fragmentarischen Nikolaifriedhof an der Goseride – mithilfe einer Darstellerin mitten hinein in das Pestzeitalter. Als Schwester im Habit berichtet sie von den Kranken, die man im benachbarten Leprosenhospital versorgte. Ich bin immer wieder überrascht, wie intensiv die Gäste auf diese sehr stille Situation inmitten des lauten Steintorviertels reagieren. Das berührt mich immer wieder sehr, obwohl ich diese Stadtführung Rotlicht, Redakteure, Revolutionen schon so lange führe!

Auf dem musikalischen Stadtspaziergang Liebe, Leine, Leidenschaft erzählt Barbara Schlunk-Wöhler von einer kreativen Liebeskummerstrategie der Künstlerin Niki de Saint Phalle.

Welches Erlebnis auf den Führungen ist Ihnen im Gedächtnis geblieben?

Seit vielen Jahren erzähle ich als Stadtführerin Stadtgeschichte. Und jede Führung ist für mich ein besonderes Erlebnis! In der Adventszeit führe ich unsere Gäste in dem Stadtspaziergang Oh du fröhliche durch die adventlich geschmückte Altstadt. Ich erzähle beispielsweise vom vorweihnachtlichen Fasten oder wie man in der Zeit des Barock im Leineschloss Weihnachten gefeiert hat. Etwas entfernt von dem Lärm des Weihnachtsmarktes betrat ich vor einigen Jahren mit meiner Gästegruppe den Vorraum der alten Kreuzkirche! Ein besonderer Ort, an dem ich auch über ein sehr altes Weihnachtslied „In dulci jubilo“ erzähle. In dem Moment, als ich den Titel erwähnte, stimmte die Gästegruppe, die sich als begnadeter Chor erwies, ein in das Lied „In dulci jubilo“. Das war so schön!

Was ist der skurrilste Fakt über Hannover, den Sie kennen?

Im Rahmen meiner architekturbezogenen Stadtführung Stilvoll durch Hannover stehe ich im Zusammenhang mit Wiederaufbauideen nach dem Zweiten Weltkrieg auch vor dem Leibnizhaus. Ein vielbeachtetes Fotomotiv, obwohl es sich um die Nachahmung des echten Leibnizhauses handelt, das ursprünglich in der Schmiedestraße stand und heute den Zustand vor dem Krieg simuliert. Aber in der unmittelbaren Nachbarschaft des unechten Leibnizhauses steht eine kleine echte Figur, eher unbeachtet! Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, folgen Sie mir gerne auf meinen Stadtspaziergang!

Welche Frage eines Gastes Ihrer Führungen hat Sie am meisten überrascht – und wie war die Antwort?

Im Laufe der vielen Jahre wurden mir viele Fragen gestellt. Fragen haben mich unter Umständen auch auf neue Aspekte gebracht. Im Rahmen meiner Stadtführung Rotlicht, Redakteure, Revolutionen wurde ich zum Beispiel von einem Schüler gefragt, ob der Klagesmarkt den Namen erhielt, weil dort viel geklagt wurde. Tatsächlich erinnert der Name an die benachbarte Nicolaikapelle und an das benachbarte Spital Sankt Nicolai. Aus Sankt Nikolaus wurde im Plattdeutschen „Sünte Klaas“ bzw. „Sünte Klages“. Das war doch eine gute Frage!

Und welche Führung macht Ihnen am meisten Spaß?

Ich habe keine bevorzugte Führung. Als Kunsthistorikerin vermittle ich gerne Kultur und Geschichte. Mir ist es sehr wichtig, die Menschen mitzunehmen auf eine Reise durch die Stadt. Auf dem Stadtspaziergang Hannover häppchenweise – leicht und lecker erzähle ich zum Beispiel, während die Gäste ein Tässchen Tee bei „Tee Seeger“ in der Altstadt genießen, warum damals der zunehmende Konsum dieses aufkommenden Heißgetränks auf dem Lande den adeligen Landesherren suspekt war. Es geht auch romantisch zu! Auf dem musikalischen Stadtspaziergang Liebe, Leine, Leidenschaft erzähle ich zum Beispiel im Schatten der Nanas von einer kreativen Liebeskummerstrategie der Künstlerin Niki de Saint Phalle. Mein Sängerkollege tritt an dieser Stelle im Anschluss auf und singt böse: „Du bist schön von hinten“! Eine Stadtführung lebt davon, dass alle Sinne geweckt werden – dass Fakten durch Alltagsgeschichten bereichert werden.

Bei der Stadtführung Sternfahrt durch Hannover sind die Teilnehmenden mit der U-Bahn unterwegs.

Stattreisen zeigt Hannover

Aktuell finden keine Touren aufgrund der Corona-Pandemie und des Kontakt- und Veranstaltungsverbotes statt. Es können aber Gutscheine ab 10 Euro für Stadt- und Theaterspaziergänge erworben oder Buchungen für kommende Firmen-, Familien- oder Weihnachtsfeiern getätigt werden.

Für Fragen, Buchungen oder Gutscheinbestellungen ist das Büro von Stattreisen Hannover von Montag bis Freitag von 10 bis 12 unter 0511 1694166 oder info@stattreisen-hannover.de erreichbar.

Bislang erzählten Stadtführerin Petra Schulte, Frouwa Kebschull und Volker Wessels, vielen Hannoveranern bekannt als Nachtwächter Melchior, von ihren Erlebnissen auf den Touren durch Hannover.

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