Pilgern – unterwegs zu sich selbst

03. Juni 2025 / Region

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Gudrun Laqua

Text: Johanna Ritter

Das Pilgern hat in der Menschheitsgeschichte eine lange Tradition. Abgeleitet vom lateinischen Wort „peregrere“ begeben sich Pilger auf eine Reise in die Fremde. Das Reisemittel der Wahl sind dabei die Füße, denn ein Pilger geht. Der wohl bekannteste Pilgerweg ist sicherlich der Jakobsweg, der Camino Francés, dessen Hauptstrecke durch Nordspanien führt und am Grab des Apostels Jakobus in der spanischen Stadt Santiago de Compostela endet. Doch auch in Niedersachsen lässt es sich 
hervorragend pilgern.

So führt der Jacobusweg durch die Lüneburger Heide, Via Scandinavica streift Hannover und Celle auf der Fußreise in den Süden. Per Via Romea Germanica geht es an Hermannsburg und Celle vorbei auf dem Weg nach Rom. Der Sigwardsweg wird als Rundweg durch das einstige Bistum Minden begangen und der Pilgerweg Loccum-Volkenroda verbindet das im Landkreis Nienburg gelegene Kloster Loccum mit seinem Mutterkloster in Volkenroda in Thüringen. Entstanden ist dieser Pilgerweg im Jahr 1163, als dreizehn Mönche von Volkenroda gen Norden wanderten und im Ort Loccum ein neues Kloster gründeten. Auf dreihundert Kilometern folgt dieser Weg der Weser, der Leine und der Unstrut, vorbei am Wesergebirge, dem Solling und durch das Eichsfeld. Zudem entspringen aus ihm weitere Wegstrecken. Eine davon ist der Nebenweg „Kloster Mariensee“ und genau diesem wenden wir uns heute zu.

Diese landschaftlich attraktive Pilgerroute windet sich entlang Wiesen- und Moorflächen und bietet bei gutem Wetter einen brillanten Blick von den Ausläufern der Rehburger Berge auf das Steinhuder-Meer-Gebiet. Pilgernde können vom Ausgangspunkt in Loccum entweder ganz um das Steinhuder Meer wandern oder eine Teilstrecke gehen. Der komplette Weg ist achtzig Kilometer lang. Elf Kirchen sowie das über acht Jahrhunderte alte Kloster Mariensee liegen entlang der Stecke und bieten einem Moment des Innehaltens den nötigen Raum.

Der Weg kann allein oder in der Gruppe gegangen werden. Das Haus kirchlicher Dienste der Ev.-luth. Landeskirche Hannover bietet verschiedene geführte Touren mit ehrenamtlichen Pilgerbegleiterinnen und Pilgerbegleitern an. Eine dieser Ehrenamtlichen ist Gudrun Laqua. Sie teilt ihre Freude am Gehen in der Natur gerne mit anderen Menschen. „Beim Pilgern kommt man aus dem Alltag raus, beschäftigt sich nur mit sich selbst und darf sich vom Weg überraschen lassen. Die jeweiligen Touren stehen immer unter einem Thema und ich gebe Impulse, die zum Denken anregen. Aber es gibt auch Wegstrecken, in denen ich dazu auffordere, nichts zu denken und sich ganz darauf zu konzentrieren, bewusst durch die Natur zu laufen“, erklärt sie.

Doch bis es mit dem Pilgern losgehen kann, empfiehlt die Pilgerbegleiterin noch an einiges zu denken. Allem voran denke man an bequemes Schuhwerk. Denn die Füße leisten auf solch einer Tour ganze Arbeit. Bestenfalls Wanderschuhe, Turnschuhe nur, wenn die Wetterlage es erlaubt. Fakt sei, dass es sich mit wetterangepasster Kleidung immer am besten pilgern lässt. Sonnenhut oder Cappy sollten nicht fehlen, ebenso eine Regenjacke. Ein Tagesrucksack mit Verpflegung sei zu packen. Wasser oder Tee sind gute Durstlöscher. Doch Obacht! Der Rucksack sollte nicht mehr als zehn Prozent des eigenen Körpergewichts auf die Waage bringen. Jedes Kilo zu viel im Gepäck erschwert den Weg. Hier gilt das Motto: So wenig wie möglich, so viel wie erforderlich einpacken!

Die begleiteten Pilgertouren auf der Nebenstrecke „Kloster Mariensee“ variieren von eintägigen Touren bis zu mehrtägigen Pilgertagen und können auch als Fortbildungsveranstaltung angefragt werden. „Wenn ich mit einer Gruppe den gesamten achtzig Kilometer langen Weg gehe, plane ich vier Tage mit drei Übernachtungen ein“, sagt Gudrun Laqua. Los geht’s in Loccum am Pilgermal, das aus drei Sandsteinsäulen besteht. Zusammen mit vier weiteren Säulen im Mutterkloster in Volkenroda ergeben diese ein steinernes Rad. Es steht für „Anfang und Ende“ und symbolisiert Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Zwischenstopps für ein Picknick im Freien oder eine Einkehr in einem Gemeindehaus nach Voranmeldung sind Bestandteile des Weges.

Eröffnet wurde der Pilgerweg Loccum-Volkenroda am 6. April 2005 von der damaligen Landesbischöfin Margot Käßmann im Münster St. Bonifatius zu Hameln. Somit begeht der Weg in diesem Jahr sein zwanzigjähriges Jubiläum, weiß der Verantwortliche für das Arbeitsfeld Pilgern der Evangelischen Landeskirche Hannover, Klaus Stemmann, zu berichten. Im Rahmen des Jubiläumsjahres werde in diesem Monat auch ein neuer Stadtpilgerweg in Hannover eröffnet. Dieses wurde möglich durch die Zusammenarbeit von Hannover Marketing und Tourismus GmbH, dem Kirchenkreis Hannover und der Ev.-luth. Landeskirche Hannover. So heißt es also: Schuhe geschnürt, Rucksack geschultert und auf geht es! Durch ihre langjährigen Erfahrungen als Pilgerbegleiterin ist gewiss: „Man kommt als einzelne Person und geht als Gruppe. So ist das beim Pilgern“, sagt Gudrun Laqua. #

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