GUT AUF DEM PLATZ, GUT AN DER KONSOLE? TEIL 2

09. April 2019 / Aktuell

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Handball
Vom Norden in den Osten: Auch Heidmar Felixson von der TSV Hannover-Burgdorf, den in der Bundesliga erfolgreichen „Recken“, kann sich über Nachwuchssorgen nicht beklagen. Der männliche Nachwuchs des Vereins gehört zu einem der erfolgreichsten Nachwuchsbereiche Deutschlands. In allen Altersklassen sind die Recken in der jeweils höchsten Spielklasse vertreten und die Anschlussförderung unterhalb des Bundesligisten funktioniert prächtig mit spielstarken Herrenteams in der 3. und 5. Liga. „Breiten- und Spitzensport sind bei uns eng miteinander verknüpft. Wir sind mit 480 Mitgliedern eine große Familie. Es besteht ein großer Zusammenhalt. Über die B- und A-Jugend geht es für die Talentiertesten in den Perspektivkader und den Leistungsbereich“, sagt Felixson. Im Gegensatz zu den Scorpions können die Recken im Jugendbereich auf nationalem Niveau mitspielen. Seit 2008 ist der Jugendbereich des Vereins vom Verband zertifiziert, seit fünf Jahren sogar mit Stern. „Durch den Erfolg der 1. Herrenmannschaft ist in den letzten vier Jahren im Jugendbereich eine enorme Entwicklung passiert. Die A-Jugend kommt auf 16 Trainingseinheiten pro Woche, die B-Jugend auf 14 Trainingseinheiten. Viele Jugendliche sind im Handballinternat bei uns. Das ist ein gewaltiges Projekt. Die Schüler kommen nicht nur aus Burgdorf, sondern auch aus Peine und Edemissen, ja aus ganz Niedersachsen“, sagt Felixson. Beleg für die Jugendarbeit des TSV: Mit Veit Mävers, Martin Hanne und Petra Juric stehen drei ehemalige A-Jugend-Spieler im aktuellen Bundesligakader der Recken. Dennoch sieht Felixson, dass Kinder für seinen Sport immer schwerer zu begeistern sind. „Ich stelle fest, dass die Koordinationsfähigkeit bei vielen Kindern nachlässt“, sagt der auch als Übungsleiter aktive Felixson vor dem Hintergrund der digitalen Revolution. Ihre Erfahrungen machen Felixson und andere Übungsleiter an 99 Partnerschulen, die mit dem TSV kooperieren. Einmal pro Jahr wird jede Schule besucht und ein Probetraining durchgeführt, „um neuen Nachwuchs für unsere tolle Sportart zu gewinnen.“

Fussball
Unsere Reise endet im Herzen Hannovers – bei der Fußballakademie von Hannover 96. Ein Schmuckstück direkt an der Eilenriede, von dem alle anderen Vereine der Region nur träumen können. 18 Millionen hat der Verein sein auch national beachtetes Vorzeigeprojekt auf insgesamt 130.000 Quadratmeter mit fünf Spielfeldern rund um das ehemalige und denkmalgeschütze Eilenriedestadion gekostet. Im neuen Verwaltungs- und Internatsgebäude finden sich neben acht Spielerkabinen für die Teams von der U10 bis zur U17 diverse Büro- und Besprechungsräume mit allen Möglichkeiten für Videoanalyse und Scouting. Im Internatsteil des Hauses gibt es zwölf Einzel- und zwei Doppelzimmer sowie die notwendigen Betreuer- und Gemeinschaftsräume. Leiter des Leistungszentrums ist mit Michael Tarnat, der ehemalige Profi von Bayern München und Hannover 96, eine Fußball-Legende. Dieses Engagement für die Jugend hat aber auch geschäftlich Gründe, wie Manager Horst Heldt zugibt. Transfergeschäfte sind auch eine Einnahmequelle, sagt Heldt auf der Hannover-96-Homepage. Über in der Akademie ausgebildete Spieler lassen sich hohe Transfererlöse erzielen. Oder eben Spieler ausbilden, die ohne Zahlung einer Ablösesumme den Weg in die Bundesligamannschaft schaffen. Spieler wie Waldemar Anton, Noah Joel Sarenren Bazee oder Linton Maina sind aktuelle Bespiele. Wer es soweit schaffen will wie die drei, muss im Fußballinternat von Hannover 96 auf vieles verzichten. Schule und Training unter einen Hut zu bringen ist eine enorme Aufgabe, die wenig an Freizeit und sozialen Kontakten lässt. Es sind zwei Fulltimejobs, wie Akademieleiter Tarnat zu berichten weiß. Um die Koordination von Spitzensport und Schule zu gewährleisten, kooperiert Hannover 96 mit der KGS Hemmingen, einer von bundesweit 29 „Eliteschulen des Fußballs“.

Doch Hannover 96 ist nicht nur in der Spitze spitze, sondern auch in der Breite. Der beste Beleg dafür ist das neu gegründete Breitensportzentrum in Stadionnähe. Ein anderes wichtiges Instrumentarium in der Gewinnung von Talenten ist die 96-Fußballschule. Sie soll für Jungs wie Mädchen den Spaß am Spiel fördern – und das in einem professionellen Umfeld mit einer tollen Atmosphäre. Teamgeist und die Vermittlung von Werten wie Fairness, Respekt, Vertrauen und Toleranz sowie die Weiterentwicklung von sozialen Kompetenzen stehen im Vordergrund. „Jeder ist willkommen“ heißt es auf der 96-Vereinsseite. Im fußballerischen Bereich wird nicht nur Wert auf das Erlernen von Basistechniken gelegt, sondern ein Spielintelligenz-Ansatz in vier Phasen gepflegt. Diese Phasen sind „wahrnehmen“, „verstehen“, „entscheiden“ und „ausführen“. Darüber hinaus bietet 96 für den Breitensport eine große Palette an fortbildenden Aktionen unter der Ägide der Fußballschule an. Dazu zählen Vereinscamps, Vereinscamps regional, Feriencamps national & international, Individual- & Schwerpunkttraining, 96-Festivals und 96-Campus. Die 96-Fußballschule reist dabei gerne auch zu interessierten Vereinen (über 75 Termine im Jahr) und bietet seine Feriencamps sogar im Ausland (Österreich, Kroatien) an. Nachwuchs für Fußball, die Sportart Nummer 1, in Deutschland zu gewinnen, ist für 96 kein großes Problem. Sollte aber doch irgendwann mal der Trend vom aktiven zum Fußballspielen auf dem PC gehen, hat 96 auch hier vorgesorgt. 96 operiert mittlerweile mit eigener eSports-Abteilung und mischt bereits bei der TAG Heuer Virtual Bundesliga (VBL) und der von der Deutschen Fußball Liga (DFL) neu geschaffenen VBL Club Championship mit.


Text: Bernd Schwope

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