„die hinterbuehne“: großes Engagement in kleinem Theater

10. Mai 2023 / Kultur

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Bild: Utz Rathmann

Die Glasbausteine unter der geschwungenen Bar leuchten abwechselnd in Rot, Grün, Gelb und Blau – erster Eindruck beim Eintritt in „die hinterbuehne“ an der Hildesheimer Straße. „Vieles ist aus Abbruchmaterial recycled – zu einer Zeit, als Nachhaltigkeit noch kein Thema war“, erklärt Frank Heine. „Die hier sind zum Beispiel aus Seesen“, erzählt er weiter und deutet auf die Lampen, die über der kleinen geschwungenen Bar hängen. Der Architekt engagiert sich seit 20 Jahren bei der privaten Theaterbühne. „Was mich motiviert? Ich weiß auch nicht so genau, ich bin damals zugelaufen und hängengeblieben. Das hier ist wie eine zweite Familie für mich.“

Text: Sonja Steiner

Zu der eigenen Theaterstätte kam es, als das 1987 gegründete Theater „Flunderboll“ ab dem Herbst 2005 neue Räumlichkeiten benötigte, da es in seiner damaligen Spielstätte der Athanasiusgemeinde nicht länger proben konnte. „Wir suchten Räume, die wir nutzen konnten, ohne von anderen abhängig zu sein“, erinnert sich Utz Rathmann, der schon vorher als Theaterregisseur für viele verschiedene Bühnen tätig war und seit der Gründung von „Flunderboll“ mit dabei ist. Im Hinterhof der Hildesheimer Straße 39a entdeckte die Theatertruppe eine ehemalige Schlosserei-Werkstatt und beschloss, hier ihr eigenes Domizil zu errichten.

Von dem ursprünglichen Zweck ist nichts mehr zu sehen: Ein paar Schritte weiter in den Raum weitet sich der Blick auf die Bühne, die eine beachtliche Tiefe aufweist. Auf der linken Seite der Zuschauerbereich, der in kleinen Stufen ansteigt, die Bestuhlung ist einfach, aber bequem, wie eine Sitzprobe bestätigt. Weiter geht’s auf die Bühne und hinter dem Vorhang eine Treppe hoch. „Auch hier haben wir Bordsteine als Treppenstufen genutzt“, weist Frank Heine auf den selbstgebauten stabilen Aufgang hin. Im ersten Stock befinden sich Waschräume, der Fundus mit sorgfältig in Schränken verstauten Kostümen und eine großzügige Künstlergarderobe – wie in den großen Theatern mit beleuchteten Spiegeln. Alles wirkt sehr gepflegt. „Wir sind hier ausschließlich ehrenamtlich unterwegs und achten darauf, alles gut in Schuss zu halten“, bestätigt Frank Heine. „Und putzen auch alle die Toiletten“, ergänzt Utz Rathmann, „aber nicht gleichzeitig!“ – „Nee, dazu sind sie zu klein“, antwortet Heine mit ernster Miene. Beide grinsen, der Ton untereinander ist durchweg locker. Ein echter Kraftakt sei es gewesen, aus den Räumlichkeiten ein Theater zu machen, erzählt Utz Rathmann: „Geld war am wenigsten vorhanden und es waren viele Hände, Nerven, Kraft und Energie nötig, bis alles so war, wie es heute zu sehen ist.“

Frank Heine hat die Bar der hinterbuehne aus Abbruchmaterial gestaltet. Bild: Sonja Steiner.

Nach dem Umbau der über 300 Quadratmeter ging es an die Planung. „Wir hatten nun ein eigenes Haus, aber das musste ja auch noch bespielt werden.“ In den Anfangsjahren stand „Flunderboll“ selbst noch mehr auf der Bühne. „Es verließen uns dann ein paar der tragenden Kräfte, einige wegen der Liebe, andere zog es beruflich woanders hin.“ Mit den Veränderungen ging auch eine erweiterte Nutzung der Bühne einher. Neben dem jährlich gespielten eigenen Weihnachtsstück von „Flunderboll“ wurden Gastauftritte zur Regel und eine Lounge für Close-Up-Zauberei kam hinzu. Dafür wird der kleine Laden an der Hildesheimer Straße 39a genutzt, das „ZWO“. Heute gibt es einen Vorlauf von einem Jahr für die Programmplanung. Die Buchung der Künstlerinnen und Künstler erfolgt über deren Agenturen.

Die „hinterbuehne“ bietet eine große Bandbreite an Unterhaltung – von Musikkabarett über Schauspiel, Kleinkunst und natürlich Zauberer. Fest eingeplant ist dabei Cody Stone, der „smarte“ Elemente in seine monatliche „Magic Show“ einbaut, wie etwa Tricks mit dem iPad. „Wir haben ihn einmal im Monat im Programm, das ist eine feste Größe“, bestätigt Utz Rathmann. Zu den immer wiederkehrenden Gästen zählt auch Entertainer Thommi Baake mit der Super-8-Vorführung seiner „schrägsten Filme aller Zeiten“. Konkurrenz mit anderen Bühnen gäbe es nicht, im Gegenteil: „Wir bekommen auch mal von Desimo vom Spezial Club im Apollo Hinweise, wenn er eine Künstlerin oder einen Künstler in seiner Mix-Show hat, der unbedingt weiter in Hannover Fuß fassen sollte, aber noch keine großen Bühnen füllen kann. Das klappt sehr gut.“

Hinter den Kulissen der „hinterbuehne“ gibt es viel zu tun, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Ehrenamtlich, wie beide Macher immer wieder betonen. „Die Einnahmen gehen zu hundert Prozent ans Theater“, präzisiert Frank Heine. „Wir teilen uns die Arbeit so auf, dass wir den Spaß nicht verlieren.“ Um den Laden am Laufen zu halten, treffen sich Mitglieder des Kernteams, das etwa zwölf Leute umfasst, alle zwei Wochen in der „hinterbuehne“ zur Besprechung. Dass „die hinterbuehne“ nach den schweren Corona-Jahren wieder ein volles Haus hat, freut die Macherinnen und Macher besonders. Heine: „Als wir nach Corona wieder aufgemacht haben, kamen die Zuschauer und sagten: ‚Wie schön, dass es euch noch gibt!‘ Ihre Treue motiviert uns umso mehr, weiterzumachen.“ Und im Herbst wird das Theater „Flunderboll“ nach langer Zeit selbst wieder unter der Regie von Utz Rathmann mit einem neuen Stück auf seiner Bühne zu sehen sein. „Um was es dabei geht, wird noch nicht verraten“, ergänzt Rathmann augenzwinkernd.

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