Präsident und Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer im Interview
17 Nachhaltigkeitsziele wurden am 25. September 2015 beim UNO Nachhaltigkeitsgipfel der Staats- und Regierungschefs verabschiedet. Sie sind Grundstein der 2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung, deren Zielsetzung es ist, die globale Entwicklung sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltig zu gestalten. Energetisches Bauen, gesunde Ernährung und klimaschonende Mobilität sind Themen, die im Handwerk auch in der Region Hannover hoch im Kurs stehen und bei denen das Handwerk Beeindruckendes vorzuweisen hat.
Genau wie bei den Themen Instandsetzung, Reparatur, Sanierung, Modernisierung, Recycling. Aber reicht das schon, um das Thema Nachhaltigkeit umfassend zu bespielen? Wo das Handwerk heute steht und ob und wie es ein Motor für nachhaltige Politik werden könnte, darüber sprachen Karl-Wilhelm Steinmann, Präsident der Handwerkskammer Hannover, und Peter Karst, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Hannover.
radius/30: Das Thema Nachhaltigkeit ist rund 300 Jahre alt. Was für eine Rolle spielt das Thema für das Handwerk?
Karl-Wilhelm Steinmann: Das stimmt. Das Thema der Nachhaltigkeit insgesamt ist nichts Neues. Es reicht schon ins 18. Jahrhundert zurück und wurde damals erstmals für die Forstwirtschaft formuliert, um die natürliche Regenerationsfähigkeit des Waldes zu fördern. Mittlerweile hat sich Nachhaltigkeit zu einem Querschnittsthema entwickelt, das alle Lebensbereiche umfasst. Das Ziel haben wir dabei klar vor Augen: Wir müssen alle miteinander dafür sorgen, dass wir unseren Nachkommen ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen. Hier kommt dem Handwerk eine besondere Rolle zu, da unser Tun in zahlreiche Lebensbereiche eingreift.
Nachhaltigkeit bedeutet, nicht mehr zu verbrauchen als nachwächst.
Was bedeutet das für das Handwerk nicht nur in Hannover ganz konkret? Was bedeutet es für eine Handwerkskammer?
Steinmann: Im Handwerk gibt es bereits heute viele Betriebe, die nachhaltig arbeiten. Die darauf achten, dass der Materialeinsatz ökologischen Ansprüchen genügt, Goldschmiede beispielsweise, die ausschließlich mit Recycling-Gold arbeiten. Es gibt Handwerksbetriebe, die ihre Produktionsstätten im Hinblick auf den Energieverbrauch optimiert haben, Bäckereien und Friseurbetriebe, die für die Energiegewinnung Photovoltaik nutzen. Es gibt Betriebe, die sich für Reparatur, Recycling und Upcycling stark machen, die ausschließlich mit regionalen Produkten arbeiten oder deren Fokus auf Maßnahmen zum Klimaschutz liegt. Diese Liste ließe sich noch beliebig erweitern. Wir sind also sehr gut aufgestellt, aber mehr und besser geht immer. Daran müssen und wollen wir gemeinsam arbeiten. Das wird ein ambitioniertes Programm für die nächsten Jahre und Jahrzehnte.
Peter Karst: Für alle 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG), die von den Vereinten Nationen entworfen wurden und die am 1. Januar 2016 in Kraft getreten sind, gibt es gute Beispiele aus dem Handwerk. Einige Beispiele werden wir in den kommenden 12 Monaten vorstellen. Aber natürlich kann es eine Handwerkskammer und die Handwerksorganisation nicht nur bei der reinen Dokumentation dessen belassen, was schon vorhanden ist. Die 17 SDG fordern auf, nachhaltiges Denken und Handeln strukturiert zu verbessern. Das ist genau richtig! Erfreulich ist zum Beispiel, dass die Zentralstelle für Weiterbildung im Handwerk (ZWH) ein Projekt „Nachhaltigkeit in Handwerksbetrieben stärken“ aufgelegt hat. Wir werden alle miteinander an einer Nachhaltigkeitsstrategie arbeiten, bei der es um die Harmonisierung und das Integrieren von Ökonomie, Ökologie und Sozialem geht. Das ist eine spannende und herausfordernde Aufgabe, der wir uns gern stellen.
In der Herbstvollversammlung der Handwerkskammer Hannover spielte das Thema Nachhaltigkeit im Handwerk eine Schlüsselrolle.
Dr. Maria Flachsbarth, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, und Dr. Auma Obama, Präsidentin der Stiftung Sauti Kuu („Starke Stimmen“), waren zu Gast. Worum ging es in der Diskussion?
Steinmann: Zu den 17 Zielen gehören auch Partnerschaften. Ohne die kann das Handwerk nicht wirklich erfolgreich sein. Wir brauchen starke Partner in der Politik – dafür steht Dr. Maria Flachsbarth, mit der die Handwerkskammer Hannover seit vielen Jahren vertrauensvoll zusammenarbeitet. Sie ist eine Bundestagsabgeordnete aus der Region Hannover. Wir kennen und schätzen uns. Und natürlich wollen wir sie bei unserem geplanten Projekt mit der Stiftung von Dr. Auma Obama an unserer Seite wissen.
Karst: Wir wollen die Stiftungsarbeit von Dr. Auma Obama in den kommenden Jahren mit einem Bildungsprojekt unterstützen. Auch das gehört für uns zu einer Nachhaltigkeitsstrategie dazu, die sich für ein Leben in Frieden, Würde und Wohlstand auf einem gesunden Planeten verpflichtet fühlt. Hochwertige Bildung möglichst in allen Teilen der Welt verfügbar zu machen, gehört für uns unabdingbar dazu. Einen kleinen Baustein wollen wir dazu mit dem Bildungsprojekt für handwerkliche Kompetenzen in Kenia beisteuern.
Klima-Innovationspreis Niedersachsen 2020
Mit dem Klima-Innovationspreis sollen Betriebe auszeichnet werden, die mit Ideen, Kreativität und unternehmerischer Gestaltungskraft eine Vorreiterrolle für mehr Klimaschutz einnehmen und zugleich zeigen, dass im Klimaschutz eine Chance für eine nachhaltige und zukunftsfähige Wirtschaft liegt. Daran teilnehmen können gewerblich tätige Unternehmen aller Rechtsformen, Branchen und Größen mit Sitz in Niedersachsen, die mit ihren innovativen Produkten, Prozessen oder/und Dienstleistungen einen besonderen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Der Gewinner/die Gewinnerin erhält ein Preisgeld von 10.000 Euro sowie eine eigens gefertigte Trophäe. Bewerbungsschluss ist der 31. Mai 2020.
www.klima-innovationspreis.de