„Qualität, Nachhaltigkeit, Regionalität und Transparenz“ lautet das Motto der neu gegründeten Fleischmanufaktur „Kreuzkamp Genuss“ auf dem seit 1600 betriebenen Hof Kreuzkamp in Kleinburgwedel. Rinder werden hier nach strengen Richtlinien gehalten und erst geschlachtet, wenn sie auch vorab über das Internet verkauft sind. Die erworbenen Fleischpakete mit Frischegarantie bringt Kreuzkamp dann exklusiv nach Hause. radius/30 besuchte Hof Kreuzkamp und ließ sich das neue Konzept erläutern.
Die beiden sind unzertrennlich. Kälbchen Hanni schmiegt sich liebevoll an Mutter Heidi. Es ist 10.23 Uhr. Zeit für ein zweites Frühstück. Muttermilch satt. Vor zwei Wochen ist Hanni zur Welt gekommen. Während ein Tiefdruckgebiet seinen ganzen Wasservorrat über Kleinburgwedel entlädt, scheinen Hanni und Heidi ihr Dasein in der überdachten Bestallung zu genießen. In der Milchviehhaltung werden Kälber sofort nach der Geburt von ihrer Mutter getrennt. Auf dem Hof Kreuzkamp aber bleiben sie bis zur Geschlechtsreife – noch ungefähr neun Monate – bei der Mutter. Gut Ding will Weile haben.
Diese Aufzucht ist keine Revolution in der Viehhaltung. „Das machen wir seit 22 Jahren“, stellt Jan Kreuzkamp vor. Neu aber ist die Idee der Vermarktung. „Was wir anbieten ist eine Art Gemüsekiste, nur eben für Fleisch“, erklärt Helen Kreuzkamp, die mit Ehemann Jan im Mai die „Kreuzkamp Genuss GmbH“ gegründet hat, ihre Geschäftsidee. „So wie bei einer Gemüsekiste in einer Saison verschiedenes, gleichzeitig gereiftes Gemüse in der Kiste ist, bieten wir bei einem Rind nicht nur Filet und Steaks an, sondern auch viele andere hochwertige Stücke“, ergänzt Jan Kreuzkamp. Die nachhaltige Philosophie dahinter ist, qualitativ hochwertiges Rindfleisch direkt vom Hof exklusiv an den Verbraucher ausschließlich in der Region Hannover zu liefern. Dieses Rindfleisch ist in drei Paketen erhältlich – dem Probierpaket mit 3,5 kg, dem Genuss- und dem Premiumpaket mit jeweils 7 kg. Auf der Homepage kann der Kunde sich für eines dieser Pakete entscheiden. Jan Kreuzkamp erklärt die Vorteile der Verkaufsidee: „Der Kunde entscheidet sich für das am besten zu ihm passende Paket. Es ist Vorratshaltung leicht gemacht; mit vielen kleinen Paketen im Paket. Jedes ist beschriftet, welches Tier wann geschlachtet wurde, was für ein Teilstück es ist und wie lange es haltbar ist.“ Erst wenn alle Pakete, also 100 Prozent des Rindes, verkauft sind, geht das Rind zur Schlachtung. Diese ist für den studierten Landwirt besonders wichtig: „Wir verlassen uns auf einen ausgezeichneten Schlachter nur 17 Kilometer entfernt. Als Bezugsperson sind wir immer dabei. Das sorgt für Ruhe beim Tier.“ Nach einer Reifezeit von drei Wochen wird das Fleisch zerlegt und vakuumverpackt. Am Ende der Kette steht die Auslieferung, die kostenfrei persönlich zum Kunden nach Hause erfolgt. „Unser Vorteil ist, wir müssen keine Lagerräume schaffen. Und wir produzieren keinen Überhang. Der Vorteil für den Kunden ist, er bekommt das Fleisch ganz, ganz frisch. Er kann zwar nicht sehen, wann genau der Liefertermin ist. Aber er bekommt, ähnlich wie bei einem guten Wein, der seine Reifezeit braucht, allerhöchste Qualität“, erklärt Jan Kreuzkamp.
Langsames Wachstum
Überhaupt Qualität. Der Begriff taucht immer wieder während unseres Besuches in Kleinburgwedel auf. Seit 22 Jahren halten die Kreuzkamps die für ihre Qualität bekannte französische Fleischrasse Limousin. Als Mitglied des Vereins Neuland garantiert der Betrieb hohe Standards in der Tierhaltung. Das Futter der Tiere wird eigens angebaut. „Importierte Futtermittel wie etwa Soja sind tabu“, sagt Helen Kreuzkamp. Stattdessen bestimmen ausschließlich Erbsen, Gerste, Roggen und Stroh sowie frisches Gras, Heu und Grassilage den Speiseplan der Rinder. Die Tiere haben ganzjährig Kontakt nach draußen. Im Sommer grasen sie auf den satten Weiden Burgwedels, von November bis April überwintern sie in offenen Ställen mit größtmöglichem Kuhkomfort und Wind- und Wetterreizen. „Silvester stehen sie nicht etwa im Stall und fürchten sich vor dem Feuerwerk. Im Gegenteil, sie amüsieren sich freiwillig draußen“, erinnert sich Helen Kreuzkamp. Entschleunigung ist auch für Tiere wichtig. „Die Tiere sollten nicht zu schnell wachsen: Die Fleischqualität ist bei langsamem Wachstum besser“, erklärt die studierte Landwirtin.
Tradition und Moderne
Tradition und Moderne liegen auf dem Mehrgenerationenhof Kreuzkamp nah beieinander. Der Hof selbst ist seit anno 1600 in Familienbesitz; das Herzstück des Betriebes ist seit Dekaden die Rinderhaltung. Mit „Kreuzkamp Genuss“ blickt man nun mit neuen Marketingkonzepten optimistisch in die Zukunft. Das Konzept etwa fand auf dem Streetfood- und dem Chili-Festival in Hannover enorme Resonanz. Zudem ist Kreuzkamp Mitglied des Vereins „Slow food“, der unter anderem nach strengen Regularien verantwortliche Landwirtschaft, artgerechte Viehzucht und regionale Geschmacksvielfalt unterstützt. Und damit auch alle hautnah erfahren können, wie glücklich die Rinder auf Hof Kreuzkamp leben, ist ein- bis zweimal im Jahr ein Tag der offenen Tür angedacht.
Das hört sich alles nach viel Arbeit an. Und ist es auch. „Wir sind gut aufeinander abgestimmt. Einer ist immer da, um nach den Tieren zu sehen“, sagt Jan Kreuzkamp. „Die Landwirtschaft betreiben wir alle mehr oder weniger neben unserem Hauptjob“, erklärt Jan Kreuzkamp weiter, als wäre dies eine Selbstverständlichkeit. Die Fotos zu diesem Artikel beweisen: Beruf und Berufung liegen bei dieser Familie wirklich nahe beieinander.
Text: Bernd Schwope
Fotos: Hof Kreuzkamp