Im Gespräch mit dem Freundeskreis Hannover

15. Juli 2021 / Im Gespräch

Featured image for "Im Gespräch mit dem Freundeskreis Hannover"
Beim Format „Stadt | Gespräch“: Moderatorin Laura Zacharias, Matthias Görn und Katharina Sterzer | Foto: Hannah Jung

Hannover ist eine schöne Stadt. Hannover lädt zum Entdecken ein. Hannover steht für kulturelle Vielfalt. Um dies auch nach außen hin zu zeigen, ist vor 32 Jahren der Freundeskreis Hannover e. V. gegründet worden – einer der größten Bürgervereine Deutschlands. Wir sprachen mit Geschäftsführerin Katharina Sterzer und dem ersten Vorsitzenden, Matthias Görn, über Lieblingsplätze, Lichterketten und Laudatoren.

radius/30: Warum gibt es den Freundeskreis Hannover? Wir haben in Hannover den Presseclub, das Kreativnetzwerk, diverse Stiftungen, die Kultur fördern. Wie unterscheiden Sie sich von anderen Organisationen, die sich für Hannover engagieren?

Sterzer: Der Freundeskreis Hannover ist mit knapp 1.400 Mitgliedern einer der größten Bürgervereine in Deutschland. Darauf können wir Hannoveraner*innen sehr stolz sein. Gegründet wurde der Freundeskreis vor 32 Jahren, um die Feier zum 750. Geburtstag der Stadt Hannover auszurichten. Die Stadt Hannover wollte dieses Jubiläum nicht alleine planen. Dafür wurde ein Bürgerverein gegründet, mit Menschen, die Zeit, Ideen und Geld investieren möchten. Diese Geschichte erzähle ich gerne, weil sie zeigt, was die DNA dieses Vereins ist.

Was ist dabei Ihre Hauptmotivation?

Sterzer: Im Freundeskreis kommt eine Gruppe von Menschen themenunabhängig zusammen, um für diese Stadt etwas zu machen. Der kleinste gemeinsame Nenner unserer Mitglieder ist immer das Thema Hannover. Alle, die bei uns Mitglied sind, lieben unsere Stadt und sind froh, hier zu leben. Das wollen sie auch nach außen hin zeigen. Inhaltlich äußert sich das natürlich in unterschiedlichen Formaten. Zur Expo etwa beherbergten Mitglieder unseres Vereins kostenfrei internationale Gäste von Jugendorganisationen bei sich zu Hause. Das zeigt ein wenig die Haltung unseres Vereins. Dabei ist es völlig egal, ob man im Vorstand einer Bank, Floristin oder Bauchtänzerin ist. Heute äußert sich unser Engagement in vielen Themen. Eines unserer Kernthemen ist kulturelle Vielfalt. Wir waren die Ersten, die sagen, Hannover kann Kulturhauptstadt. Das ist ein Motor, der für unsere Stadtentwicklung essenziell ist, ungeachtet, ob wir den Titel zugesprochen bekommen. Der Prozess ist ein wichtiger gewesen. Solche Prozesse stoßen wir gerne mit an.

Sie sprachen die Diversität Ihrer Mitglieder an. Wie äußert sich diese in Ihrem Vereinsleben?

Sterzer: Wir haben keine Zweiklassengesellschaft. Uns ist wichtig, dass ein Fördermitglied wie die Volksbank genauso angesprochen wird wie die Bäckerei um die Ecke oder die Rentnerin, die sich im Ruhestand ein wenig um Hannover kümmern möchte.

Geben Sie vor, wie sich Ihre Mitglieder engagieren müssen?

Sterzer: Jedes Mitglied tritt aus Überzeugung und freiwillig ein. Damit ist jedes Mitglied Teil unseres Resonanzkörpers. Selbst diejenigen, die sich nicht aktiv einbringen, sind dennoch immer Ansprechpartner*innen. Ein Beispiel: Es gibt ein Mitglied, das nur eine einzige Sache kann. Seine Aussage war: Wenn ihr diese einzige Sache braucht, bin ich euer Mann. Diese Sache brauchen wir nur einmal im Jahr. Den Rest des Jahres sehen wir ihn nicht, aber dann ist er dabei.

Und diese Sache wäre?

Sterzer: Beim Schützenausmarsch sind wir mit einem VW Bully dabei. Das ist ein Oldtimer, der ein wenig schwierig zu fahren ist. Das kann unser Mitglied; dafür ist er eingetreten. Andere wiederum sind einmal die Woche da und engagieren sich bei Themen wie die Verwaltung der Geschäftsstelle. Das sind meistens diejenigen, die bei Veranstaltungen als Erste kommen und als Letzte gehen. Wenn wir einmal im Quartal unsere Rundschreiben/Programmhefte rausgeben, wird das von Menschen eingetütet. Sie schreiben noch einen netten Gruß drauf und geben es in die Post.

ZUR PERSON

Seit Frühjahr 2017 lenkt Katharina Sterzer als Geschäftsführerin die Geschicke des Freundeskreises Hannover. Ihr Lieblingsplatz in Hannover ist die Bank vor dem Ihmerauschen mit Blick auf die Warmen Brüder in Linden.

Bild: Fabian Siefert

Wie strukturieren Sie Ihr Vereinswesen, wer, was, wie und wann macht?

Sterzer: Wir haben für jeden Bereich Mitglieder, die mal mehr, mal weniger in speziellen Bereichen mitarbeiten. Jedes neue Mitglied, das sein Beitrittsformular abgibt, fragt uns: Wann kann ich anfangen, was gibt es zu tun? Das ist total toll. Bei der Konfektionierung der Briefe stellt sich eher das Problem, dass unser Büro zu klein ist für die vielen Helfer.

Da träumt ja jeder Sportverein von …

Sterzer: … das ist einfach ein schöner Tag. Da wird gesungen. Manchmal gibt es auch ein Sektchen dazu. Ich freue mich natürlich, dass ich nicht eine Woche allein Briefe eintüten muss. In einer großen Gruppe sind wir in vier Stunden fertig.

Verteilen Sie als Verein auch Fördergelder?

Sterzer: Wir verteilen keine Gelder. Unsere Rolle ist eine andere, wir stehen für bürgerschaftliches Engagement. Wir sind so stark, wie unsere Mitglieder stark sind. Beim Stadtkulturpreis gibt es ein Preisgeld. Dieses Preisgeld wurde in den letzten Jahren von den Partnern Sparkasse Hannover, VGH und Meravis zur Verfügung gestellt. Ansonsten machen wir ganz viel, aber wir geben halt kein Geld.

(Auf dem Zoom-Bildschirm erscheint Herr Görn …)

Guten Tag, Herr Görn, wir haben jetzt schon ein wenig vorgearbeitet. Im Grunde ist eigentlich alles gesagt über den Freundeskreis Hannover. Verstehen Sie Spaß?!

Görn: Wir haben eine hochkompetente Geschäftsstellenleiterin. Insofern habe ich nichts anderes erwartet.

ZUR PERSON

Matthias Görn ist Betriebsleiter der Stadtentwässerung Hannover und seit 2017 Erster Vorsitzender des Freundeskreises Hannover. Sein Lieblingsplatz in Hannover ist der kleine alte Friedhof an der Gartenkirche in der Marienstraße.

Bild: Micha Neugebauer

Wo wir Sie jetzt in der Konferenz haben, frage ich mal bewusst provokativ: Warum braucht es überhaupt einen Freundeskreis Hannover? Kann die Stadt Hannover die von Ihnen gestalteten Aufgaben nicht allein schaffen?

Görn: Das ist eine gute Frage. Bei uns geht es eher darum, etwas zu machen, was nicht Aufgabe einer Stadt ist. Das Besondere am Freundeskreis ist ja das breite Engagement. Hier engagiert sich der Arbeitende neben der Professorin. Unsere Aufgabe ist es, die Stadtgesellschaft abzubilden. Herauszuarbeiten, was uns in einer Stadt ausmacht. Die große Stärke des Freundeskreises ist, dass es ein breites Bündnis ist, das völlig unabhängig agiert. Ich möchte ein Beispiel bringen. Können Sie sich an das Fußballspiel Deutschland gegen die Niederlande in Hannover kurz nach den Anschlägen in Paris erinnern? Wir konnten innerhalb von zwei Tagen 3.000 Menschen aktivieren, die rund um das Stadion eine Lichterkette aufbauten. Das Spiel fand dann bekanntlich nicht statt. Was aber in der Tagesschau zu sehen war, waren Menschen, die ein Licht als Zeichen der Solidarität setzten. So etwas kann ein institutioneller Träger, weder Kirche, Partei noch Gewerkschaft, gar nicht leisten.

Wie finden Sie bei solchen Aktionen mit Ihren 1.400 Mitgliedern zu einer gemeinsamen Kommunikation? Es reicht als Mitglied ja nicht aus, einmal im Jahr die Hauptversammlung zu besuchen? Solch eine Lichterkette muss ja von vielen Mitgliedern organisiert sein. Vielleicht gibt es ja auch welche, die nicht an diesem Strang ziehen?

Sterzer: Unsere Mitglieder stehen auch für andere Organisationen. Wenn ich etwa mit der Sparkasse kommuniziere, kommuniziere ich unter Umständen auch mit ihren Mitarbeitenden. Die Mitglieder sind ja gerne und aktiv bei uns. Solche Aufrufe werden mehrheitlich von den Mitgliedern getragen. Wer dann keine Zeit hat, hat halt keine Zeit.

Görn: Unsere Aktivitäten richten sich ja nicht nur an Mitglieder. Es geht nicht darum, wer alles ein Mitgliedsabzeichen hat. Wir wollen die Stadt insgesamt ansprechen. Wenn jetzt jemand sagt, tolle Idee, ich möchte mich beteiligen, ist er natürlich herzlich willkommen. Die große Stärke dieses Vereins ist die große Mobilisierungswirkung, die weit über die Mitglieder hinausgeht. Wir haben die Möglichkeit, Ideen zu multiplizieren.

Das vollständige Interview mit Katharina Sterzer und Matthias Görn …

… lesen Sie in unserer aktuellen radius/30 Sommerausgabe. Erfahren Sie zum Beispiel, wo ihre persönlichen Lieblingsplätze sind und was Hannover aus ihrer Sicht für Zugereiste interessant macht.

Interview: Bernd Schwope

Archiv