Expertentipps: Kurzarbeitergeld und Steuerpflicht

13. Mai 2021 / Finanzen

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Die Covid-19-Pandemie beeinflusst seit länger als einem Jahr unser Leben. Zum einen sind es die vielen Einschränkungen auf der privaten Ebene, die jeden von uns betreffen, zum anderen hatten viele berufstätige Personen erstmals mit den Auswirkungen von Kurzarbeit zu tun. Für diese Menschen machen sich nicht nur Einbußen auf der finanziellen Ebene bemerkbar. Vielmehr ist es auch die Angst vor drohenden Steuernachzahlungen, die viele beschäftigt. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick gegeben, ob Empfänger von Kurzarbeitergeld der Steuerpflicht unterliegen.

Das Instrument Kurzarbeit dient dem Arbeitgeber dazu, bei einem vorübergehenden Arbeitsausfall die Arbeitskapazitäten in seinem Betrieb zu reduzieren, ohne dass es zu Kündigungen und Trennung von den Arbeitnehmern kommt. Die regelmäßige Arbeitszeit der Mitarbeiter wird dabei reduziert und als Ersatz für den Arbeitsentfall erhalten die Beschäftigten das Kurzarbeitergeld, kurz KUG genannt. Der Arbeitgeber zahlt bei Kurzarbeit nur die Vergütung für die tatsächlich geleistete Arbeit der Mitarbeiter, während die Bundesagentur für Arbeit das Kurzarbeitergeld für den Arbeitsentfall übernimmt. Eine übliche und bekannte Form der Kurzarbeit ist das Saisonkurzarbeitergeld, das im Baugewerbe den Arbeitsausfall in der Schlechtwetterperiode abdecken soll.

Viele Unternehmen mussten Kurzarbeit anmelden

Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie zu mildern, wurden die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Regelungen zum Kurzarbeitergeld vom Gesetzgeber im letzten Jahr frühzeitig gelockert. Das hatte zur Folge, dass eine Vielzahl von Unternehmen für ihre Mitarbeiter Kurzarbeit anmelden konnten. Nach den jüngsten validen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit waren es im November 2020 2,26 Mio. Menschen, die Kurzarbeitergeld erhalten haben. Im April 2020 waren sogar knapp 6,0 Mio. Menschen in Kurzarbeit.

Für den Arbeitnehmer bedeutet Kurzarbeit im Regelfall eine Verringerung seiner monatlichen Einkünfte. Er erhält anteilig seinen Monatslohn für seine tatsächlich geleistete Arbeit, während ihm für die Zeit des Arbeitsausfalls das KUG gezahlt wird. Die Höhe des Kurzarbeitergeldes ermittelt sich aus seinem wegfallenden Netto-Entgelt und beträgt 60 % (bzw. 67 % bei einem Kind) des Netto-Entgelts. Nach dem 4. Monat in Kurzarbeit steigt es auf 70 % bzw. 77 % und nach dem 7. Monat auf 80 % bzw. 87 %. Der Arbeitgeber zahlt das KUG für die Bundesagentur aus und bescheinigt die Zahlungen auf der jährlichen Lohnsteuerbescheinigung.

Das Kurzarbeitergeld zählt zu den Lohnersatzleistungen. Lohnersatzleistungen sind Ausgleichszahlungen, die von den Trägern der Sozialversicherung geleistet werden, wenn bei Arbeitnehmern aus bestimmtem Gründen das Arbeitseinkommen wegfällt. Andere Lohnersatzleistungen sind beispielsweise Krankengeld oder Arbeitslosengeld. Lohnersatzleistungen sind nicht steuerpflichtige Einkünfte, sie unterliegen aber stets dem sogenannten Progressionsvorbehalt.

In einigen Fällen zahlt der Arbeitgeber an die Arbeitnehmer zusätzlich einen Betrag zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes. Diese Aufstockungsbeträge sind steuerfrei und zählen ebenfalls zu den Lohnersatzleistungen, sofern sie nicht den Betrag übersteigen, der sich aus 80 % der Differenz aus dem regulären Bruttoentgelt und dem Bruttoentgelt nach Kurzarbeit abzüglich des Kurzarbeitergeldes in dem jeweiligen Monat ergibt.

Kurzarbeitergeld und Steuerpflicht

Sollten nun Arbeitnehmer im Kalenderjahr 2020 steuerfreie, aber dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte von mehr als EUR 410,00 erhalten haben, so sind sie zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet. Da viele Arbeitnehmer im letzten Jahr über einen sehr langen Zeitraum in Kurzarbeit waren und die Kurzarbeit vielfach über 50 % lag, kann davon ausgegangen werden, dass der Betrag von EUR 410,00 in den meisten Fällen überschritten wurde und daher nahezu alle Empfänger von Kurzarbeitergeld eine Steuererklärung abgeben müssen, auch wenn sie es bisher nicht mussten.

Unter Progressionsvorbehalt wird die Ermittlung und Anwendung eines besonderen Steuersatzes verstanden. Dabei werden das versteuernde Einkommen und die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden steuerfreien Einkünfte addiert und aus dieser Summe die Einkommensteuer und der durchschnittliche Steuersatz errechnet. Der so ermittelte Steuersatz wird dann auf das versteuernde Einkommen ohne die steuerfreien Einkünfte angewandt. Im Ergebnis bedeutet dieses, dass das Kurzarbeitergeld als Lohnersatzleistung zwar steuerfrei ist, den anzuwendenden Steuersatz und damit auch die festzusetzende Steuer aber erheblich erhöhen kann.

Verspätungszuschläge vermeiden

Es lässt sich allerdings nicht verallgemeinern, dass der Bezug von Kurzarbeitergeld zwangsläufig zu einer Steuernachzahlung führt. In bestimmten Fällen kann es sein, dass der für die Beschäftigungszeit vorgenommene Lohnsteuerabzug die Wirkung des Progressionsvorbehalts überkompensiert und es sogar auch zu Steuererstattungen kommen kann. Das liegt daran, dass der Arbeitgeber in den Monaten der vollen Beschäftigung die Lohnsteuer in der Höhe einbehalten muss, wie sie bei einer durchgängigen Beschäftigung des Mitarbeiters anfallen würde.

Der Bezug von Kurzarbeitergeld im vergangenen Jahr wird für die meisten Arbeitnehmer zur Folge haben, eine Einkommensteuererklärung abgeben zu müssen. Dabei entsteht die Pflicht zur Abgabe nicht erst nach Aufforderung durch das Finanzamt, sondern schon durch das Einkommensteuergesetz. Um Verspätungszuschläge zu vermeiden, sollte daher frühzeitig an die Abgabe der Steuererklärung gedacht werden. Nicht in jedem Fall wird es aber zu Nachzahlungen kommen, auch Erstattungen sind möglich.

Text: Frank Bielefeld

Zur Person

Frank Bielefeld aus Garbsen ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und steht seinen Mandanten bei der Vorbereitung wichtiger Entscheidungen im betrieblichen und im privat wirtschaftlichen Bereich mit Rat und Auskunft zur Seite.
www.wp-stb-bielefeld.de

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