Neues Theater Hannover: Kultur ist systemrelevant

21. August 2020 / Kultur

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Bild: Oliver Vosshage

Freitag, der 13., war für mich persönlich bis jetzt ein ganz normaler Tag“, sagt Mirja Schröder, Betriebsleiterin des ältesten Privattheaters an der Georgstraße 54. „Diesen besonderen Freitag werde ich aber niemals vergessen: den 13. März 2020.“ Seit diesem Tag ist das aus Hannover nicht mehr wegzudenkende Theater mit 152 Sitzplätzen geschlossen.

112 Vorstellungen mussten bis zum 4. Juli 2020 schweren Herzens abgesagt werden. Im März und April lief gerade die erfolgreiche Komödie von Kerry Renard, „NACKTE TATSACHEN“ mit Andreas Elsholz. Am 4. Mai hätte der Comedy-Thriller „DER GEISTER-LEUCHTTURM“ von Peter Colley, unter anderem mit Michaela Schaffrath, Premiere gefeiert. 2008 hat Christopher von Berlepsch, ältester Sohn des Gründers James von Berlepsch, die Geschäftsführung des Neuen Theaters übernommen. Gemeinsam mit Florian Battermann, Künstlerischer Leiter, und Mirja Schröder hat er es in 12 Jahren geschafft, dass 1962 gegründete Theater aus einer wirtschaftlich schlechten Situation zu holen. „Ein Privattheater ohne Subventionen zu betreiben, geht nur, wenn ein Team mit viel Engagement und Herz dahintersteht“, da ist sich das Dreierteam einig und kämpft seitdem für den Erhalt des Theaters.

„Mit Vollgas in den Rückwärtsgang“

„Mit Vollgas in den Rückwärtsgang“, so beschreibt Florian Battermann die Situation seit dem 13. März 2020. Die Kultur und die Kulturschaffenden hat es schwer erwischt. Das Team hat die erste Zeit nach dem 13. März 2020 dafür genutzt, den Betrieb so umzustrukturieren, dass man eine Schließzeit so lange wie möglich überstehen kann. Hierzu war – neben vielem anderem – leider auch eine vorübergehende deutliche Verkleinerung des Teams unerlässlich. „Wir hatten keine andere Möglichkeit und bitten unsere Kunden aktuell auch immer noch um Verständnis dafür, dass wir in der letzten Zeit nur sehr eingeschränkt erreichbar waren. Dies wird sich in der allernächsten Zukunft auch leider nicht ändern können“, bedauert Geschäftsführer Christopher von Berlepsch.

Nicht nur die festen Mitarbeiter, die bereits viele Jahre am Neuen Theater arbeiten, bangen um ihren Arbeitsplatz. Pro Spielzeit sind zusätzlich ca. 20 bis 25 Schauspieler am Haus in der Georgstraße engagiert. Das Schlimmste in der aktuellen Situation ist, dass seit dem 22. Juni 2020 in Niedersachsen die Theater unter Einschränkungen wieder öffnen könnten – es unter diesen Bedingungen aber wirtschaftlich unmöglich ist, den Spielbetrieb wieder aufzunehmen. Eine Kostendeckung auch nur ansatzweise zu erzielen, ist allein schon durch das Abstandsgebot nicht möglich. Ein positives Vorstellungserlebnis für die Zuschauer und Schauspieler durch die Maskenpflicht unrealistisch. Bei einer Wiederaufnahme des Spielbetriebes würde – selbst unter Annahme bestmöglicher Auslastung – das Neue Theater innerhalb kürzester Zeit vor dem finanziellen Aus stehen!

Der Saal im Neuen Theater. Bild: Oliver Vosshage

Wie geht es weiter am Neuen Theater?

Nach einer Situationsanalyse und den ersten notwendigen Schritten zur Bestandssicherung wurden Pläne für das Nachholen der ausgefallenen Vorstellungen entwickelt. Aufgrund bestehender Spielpläne sowie aller derzeitigen Unsicherheiten wurden die Ersatztermine allerdings erst ab Sommer und Herbst des kommenden Jahres angesetzt. Einen Spielbetrieb wird das NT erst dann wieder planen können, wenn Masken- und Abstandsgebote zumindest während der Vorstellungen entfallen. Dann werden 2 bis 3 Monate benötigt, um den Geschäftsbetrieb wieder „anzufahren“, Karten zu verkaufen und eine Produktion zu erstellen.

Geplant war eine Wiederaufnahme der erfolgreichen Komödie „BRANDHEISS – GELÖSCHT WIRD SPÄTER“ im August 2020, diese musste bereits abgesagt werden. Die Spielzeit 2020/2021 würde im September beginnen, rund 1.600 treue Abonnenten warten gemeinsam mit dem Team des NT auf die ersehnte Wiedereröffnung. „Wir wünschen uns mehr Wahrnehmung und Wertschätzung“, so Battermann. „Die Pandemie – in Zusammenspiel mit politischen Entscheidungen – lässt uns momentan nur die Option, weiterhin geschlossen zu bleiben“, fügt Christopher von Berlepsch hinzu. „Aber wir sind weiterhin zuversichtlich, mit der Mithilfe und dem Verständnis unseres Publikums für die Situation auch diese Krise meistern zu können!“

Aktuelle Informationen zum Neuen Theater

Das Neue Theater informiert über aktuelle Entwicklungen an dem Aushang in der Georgstraße, auf der Website oder bei Facebook.

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