quadral – Klang und Handwerk mit Tradition und Zukunft

24. Juni 2021 / Wirtschaft

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Der Lautsprecher-Hersteller Quadral aus Herrenhausen bietet eine Vielfalt an Produkten rund um exzellenten Klang.

Schon die Namen der Lautsprecher haben ihren eigenen Sound: Titan, Vulkan, Montan, Orkan oder Rodan klingen nach Kraft und Beständigkeit. 1972 gründeten Hans-Dieter Hoffmann, Helmut Pabel, Horst Enders und Friedel Hofmann die Firma all-akustik, aus der die in Fachkreisen sehr renommierte Marke „quadral“ entstand.

Die Firma hat ihren Sitz in Herrenhausen. Wer sie in der Straße Am Herrenhäuser Bahnhof besuchen möchte, findet sie in eher unscheinbaren langgestreckten Gebäuden aus den 30er-Jahren. Vor dem Hauptgebäude weist nur ein Schild mit mehreren Firmennamen auf den Hi-Fi-Hersteller quadral hin. Im ersten Stock befindet sich der Konferenzraum, an den Wänden stehen die Klassiker und die neuesten Produktionen der Lautsprecher. „Zu Anfang hießen wir all-akustik, der Name bedeutet‚ ich liefere alles aus dem Bereich Akustik‘“, erzählt Geschäftsführer Volker Schwerdtfeger, der selbst seit 1999 bei quadral angestellt ist und über viele Jahre im Export tätig war. „Die Firma hatte zunächst OEM, Original-Equipment-Manufacturer-Produkte im Angebot. Wir haben also schon damals mit verlängerter Werkbank gearbeitet“, erklärt der quadral-Geschäftsführer. OEM bedeutet, dass die einzelnen Teile eines Produktes von all-akustik besorgt, designed, von einem Drittunternehmen montiert und dann an die Handelspartner weiterverkauft wurden. Die Drittunternehmen vertrieben diese Produkte dann unter eigenem Namen.

Geschäftsführer Volker Schwerdtfeger.

„Fuji-Tapes waren eine ganz große Nummer“

Hinzu kam ein weiteres Standbein, denn „all-akustik hatte auch Hi-Fi-Produkte wie Verstärker, Kassetten, Plattenspieler und später CD-Player aus Japan und den USA im Angebot. Das ist klassische Distribution. Man kauft exklusiv für ein Land ein und passt das Marketing, das sie in ihrem eigenen Land machen, auf die Bedürfnisse der Kunden in Deutschland an“, blickt der 49-Jährige auf die Firmengeschichte zurück. Darunter fielen Marken aus den USA wie die Kassetten von Scott, aber auch 3-D-ähnliche Brillen der Marke Citizen. Aus Japan vertrieb all-akustik unter anderem hochwertige Plattenspieler der Marke Micro Seiki, hochwertige Hi-FI-Komponenten der Marke Luxman und Kassetten von Fuji-Tapes hinzu, „das war eine ganz große Nummer“, erzählt Volker Schwerdtfeger.

1976 etablierte der neue Marketingleiter Edmond Semmelhaack mit quadral eine eigene Marke bei all-akustik. „Er sagte, wenn uns die großen OEM Kunden wegbrechen, haben wir nichts eigenes mehr, also bauen wir eine eigene Marke auf. Als Chefentwickler wurde Helmut Schaper engagiert, der bis heute für den Klang der ersten Titan-Lautsprecher im Markt bekannt ist.“ Der Name quadral setzt sich zusammen aus Quadrophonie und „al“ für all-akustik. „Früher konnte man bei passendem Verstärker mit vier Lautsprechern Musik hören. Quasi ein erster Versuch „Surround“ zu nutzen, man hat dann zwei Lautsprecher vorne und zwei hinten im Raum aufgestellt“, erklärt Schwerdtfeger.

1978 kam die erste quadral Lautsprecher Serie namens „aq“ auf den Markt. In die Lautsprecher waren Equalizer verbaut. „Damit konnte man das Klangbild seinen Vorlieben entsprechend anpassen. Wir sind heute in der Entwicklung deutlich weiter und haben mit unseren Highend-Aktiv-Modellen die Möglichkeit, durch Raum-
einmessung das Optimum an Klang zu erzielen.“

Titan-Lautsprecher in der Größe einer Telefonzelle

Mit der ersten Titan baute quadral zu Beginn einen Lautsprecher, „der war so groß wie eine Telefonzelle!“ Davon wurden erst nur zwei Pärchen hergestellt, denn „das war eigentlich als Studie gedacht. Ziel war es, die Musik so korrekt wiederzugeben, wie sie auch aufgenommen wurde“, erklärt Volker Schwerdtfeger. Bei den eingesetzten Hochtönern wird eine große Folie zum Schwingen gebracht. „Das ist ein Bändchen-Hochtöner, die verwenden wir heute noch.“ Wer gerne Musik höre und sich damit beschäftige, der tendiere eher zu so einem Bändchen-Hochtöner. Heute verwendet quadral echte Aluminium-Bändchen, die in der eigenen Werkstatt hergestellt werden. „Die Studie war ursprünglich nicht für den Verkauf gedacht, wir wollten eigentlich nur zeigen, was wir akustisch leisten können. Also eine Marketing-Idee, die zeigen sollte, wenn wir das hier bauen können, müssen unsere anderen Produkte auch sehr gut sein.“

Nachdem ein erstes Fachmagazin die Berichterstattung ablehnte, interessierte sich ein anderes Magazin namens „Stereoplay“ für die riesigen Lautsprecher. „Die waren dann so begeistert, dass die Titan über zwanzig Jahre ihr Referenz-Lautsprecher wurde. Früher haben die Hi-Fi-Begeisterten immer auf die neuesten Ausgaben der Hi-Fi-Magazine gewartet, um zu schauen, was es Neues am Markt gibt, das waren die wichtigen Medien für uns“, erinnert sich Volker Schwerdtfeger. „Und dann haben wir darüber Bestellungen vom Handel bekommen, das heißt, wir haben dann angefangen, sie zu bauen. Das war nicht geplant und so hat sich die Erfolgsgeschichte weiterentwickelt. Inzwischen gibt es Titan in der neunten Generation.“ In der fünften Generation Ende der 80er erhielten die Lautsprecher der Titan dann Teilverstärker, damals waren es Einschübe auf der Rückseite.

Präzision und Handarbeit bilden den Maßstab bei Reparaturen und Spezialanfertigungen.

Reparaturen der ersten Serie in Handarbeit

„Da bekommen wir heute noch Reparaturen, die wir nur in Handarbeit liebevoll reparieren“, erzählt Schwerdtfeger. quadral entwickelte in Folge neue Serien, die kleiner waren und damit auch einen größeren Kundenkreis erreichten. Guter Sound hat seinen Preis – wer sich das „Flaggschiff“ (Schwerdtfeger) aus der Aurum-Serie von quadral leisten will, muss tiefer in die Tasche greifen. „Die wertvollsten passiven Lautsprecher kosten 15.000 Euro, das ist die Titan 9; das aktive Modell, die Alpha, kostet 16.000 Euro“, bestätigt der quadral-Geschäftsführer und weist auf zwei imposante weiße Boxen, die an der Wand gegenüber den Fenstern stehen.

quadral bietet eine ganze Bandbreit an Stand- und Regallautsprechern, die auch für den kleineren Geldbeutel erschwinglich sind und gute Qualität garantieren – die preiswertesten liegen bei etwa 100 Euro pro Stück. Dabei läge quadral eher im mittleren Preissegment der High-End-Geräte. „Auf der High-End-Messe in München, das ist die weltgrößte in dem Bereich, gibt es auch Lautsprecher für 60.000 Euro. Und es gibt Menschen, die das auch für sich brauchen. Da werden dann vielleicht ein paar Stück im Jahr verkauft, aber immerhin.“ quadral hingegen hat eine andere Firmenphilosophie, betont Volker Schwerdtfeger. „Unser Anspruch ist es, Premium-Sound und Premium-Hi-Fi für angemessenes Geld für jedermann anzubieten. Und jeder kann sich ja seine Qualitätsstufe aussuchen.“ Zielgruppe seien dabei für den gehobenen Bereich vor allem Kunden ab circa vierzig Jahren.

Aus dem Label quadral wird 1992 eine Firma

Bis in die 90er-Jahre hinein fungierte quadral als eine Art Label der Firma all-akustik. Die eigentliche Gründung der Firma quadral erfolgte 1992. „Am 1. Januar 1992 wurde quadral als eigenständige GmbH & Co. KG und hundertprozentige Tochter der all-akustik gegründet. Der Grund war, dass der quadral-Lautsprecher immer bekannter wurde und die Vertriebsaktivitäten unter diesem Namen gebündelt werden konnten. Seit dem Tag läuft das alles unter quadral“, berichtet Volker Schwerdtfeger. Der Beginn der 90er-Jahre war eine gute Zeit für eine Firmengründung im Hi-Fi-Segment, denn mit dem Zusammenbruch der damaligen Sowjetunion und im Zuge der Wiedervereinigung konnte sich quadral neue Märkte im Osten erschließen, das Geschäft boomte. „Die Menschen waren verrückt nach Hi-Fi und wir haben sogar Computer, Telefone und Fernseher produziert“, erzählt Volker Schwerdtfeger.

Doch die neuen Märkte blieben auch von den bereits in den 80er-Jahren entstandenen Elektro-Großmärkten nicht unentdeckt, die sich bald in großer Zahl auch in Ostdeutschland niederließen und hier wie schon in der alten Bundesrepublik das Aussterben der Fachhändler beschleunigten. Für die Marke quadral, die keine für jeden erschwingliche Massenware war, stellte der Boom der Elektro-Großmärkte eine Bedrohung dar, die in der Folge Umsatzeinbußen zur Folge hatte. Hinzu kam, dass die lukrative Distribution von Fuji-Kassetten durch den Mutterkonzern Anfang der 90er-Jahre wegbrach, weil Fuji die Rechte an der Vermarktung seiner Produkte in Deutschland von all-akustik zurückkaufte. „Damit fehlte ein ganz wichtiges Standbein im Gesamtunternehmen – allein mit Fuji -Kassetten machten wir 1992 nahezu 100 Millionen DM Umsatz, damals viel Geld. Und wir hatten hier insgesamt 230 Mitarbeiter“, veranschaulicht Schwerdtfeger das Ausmaß dieser Entwicklung. Neben Luxman und Fuji war quadral bis dahin in Bezug auf den Umsatz ein kleinerer Bereich.

Der Firmensitz des Hi-Fi-Herstellers befindet sich seit seiner Gründung 1972 in Gebäuden aus den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts.

2009 Neustart mit Gründeresprit

2009 gab es einen Wechsel in der Unternehmensführung und damit wurde der schleichende Niedergang der Firma quadral gestoppt. Edmond Semmelhaack und Jürgen Brinkmann (beide Gesellschafter der 2. Generation) übernahmen alle Anteile der Gesellschaft. Sie holten sich mit dem heutigen Verkaufsleiter Stefan Eisenhardt, Björn Semmelhaack, Sohn von Edmond Semmelhaack, dem heutigen Entwickler Sascha Reckert und mit Volker Schwerdtfeger Junggesellschafter mit an Bord, mit denen sie gemeinsam das Schiff wieder in gutes Fahrwasser lenken wollten.

„Da haben wir einen Re-Start gemacht, von null auf hundert. Das war schwieriger, als wir „Jungen“ uns das vorgestellt hatten, vom Angestellten in so eine Position ist alles andere als einfach, denn man denkt doch anders. Das musste erst wachsen“, meint Volker Schwerdtfeger selbstkritisch. „Wir waren sehr fokussiert auf neue Produkte und haben sehr viel umgesetzt. Das war wie eine Gründerzeit, ohne Rücksicht auf Normen. Wir waren unter Zeitdruck und haben entschieden und gemacht – eine wilde Zeit!“ Gemeinsam hätten sie dann das Schiff gewendet. „Wir sind dann wieder nach vorn gefahren. Aber da wir merkten, dass wir mit Lautsprechern allein nicht mehr über die Runden kommen, haben wir uns einen Distributions-Partner gesucht und diesen mit Advance Acoustic 2011 gefunden.“ Die Firma aus Paris stellt Hi-Fi-Einzelbausteine und Komplett-Lösungen auf hohem Niveau her. „Das war die richtige Entscheidung – im vergangenen Jahr haben wir mit Produkten von Advance Paris die Millionen-Grenze geknackt“, berichtet der quadral-Geschäftsführer.

Österreichische Firma Loxone übernimmt quadral

2015 ging Edmond Semmelhaack als Geschäftsführer in Rente und Volker Schwerdtfeger wurde zum Geschäftsführer ernannt. Mitte 2020 kam dann die Firma Loxone aus Österreich mit einem Übernahme-Angebot auf quadral zu. Das 2009 gegründete Unternehmen ist Spezialist für Smarthome und suchte nach einer Firma, die hochwertige Lautsprecher herstellen kann und damit ihr Portfolio im Bereich Smarthome erweitert. Der Deal kam sehr schnell zustande, die all-akustik selber wurde von der quadral übernommen und „seit Anfang Januar gehören wir zu Loxone. Ein Glücksfall für uns“, betont Volker Schwerdtfeger, denn über die Zusammenarbeit kann sich quadral neue Märkte im Bereich Smarthome erschließen. Beide Unternehmen haben bereits begonnen, gemeinsam Produkte zu entwickeln, und auch das Marketing von quadral wird einem Relaunch unterzogen. Dafür wurde als neuer Marketingstratege Frank Kaftan eingestellt – seine Entwürfe für den neuen Auftritt von quadral liegen bereits auf dem Tisch. 

www.quadral.com

Text: Sonja Steiner

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