Die Olympischen Sommerspiele wurden von 2020 auf dieses Jahr verschoben. Nun sind sie in Tokio vom 23. Juli bis zum 8. August angesetzt. Die beiden Ruderinnen Carlotta Nwajide und Frauke Hundeling vom Deutschen Ruder-Club Hannover (DRC) arbeiten auf diese sportliche Herausforderung hin.
Vorbereitung auf Olympia
Carlotta Nwajide und Frauke Hundeling (beide 25 Jahre alt) vom DRC aus Hannover trainieren derzeit für Olympia, Vize-Europameisterin Frauke Hundeling vorrangig in Potsdam. Dort wird sie vom Bundestrainer betreut, in Hannover übernimmt Heimtrainer Thomas Zimmer. Auf Leistungsniveau trainieren, das bedeutet für Frauke 20 bis 22 Stunden reine Trainingszeit pro Woche, hinzu kommen Aufwärmung, Cooldown und Physio. Frauke ist Polizistin, zurzeit aber freigestellt und kann sich somit komplett auf das Training konzentrieren. Sie war damals für das Studium nach Hannover gezogen. Dieses hat sie von drei Jahren Regelstudienzeit auf viereinhalb Jahre gestreckt, um neben dem Lernen genug Zeit für das Rudern zu haben. Seit 2018 ist sie Kommissarin. Cheftrainer Thorsten Zimmer erzählt: „Eine Ausbildung ist tatsächlich schwierig, eigentlich ist nur ein Studium möglich.“ Denn dieses bietet den Vorzug einer flexiblen Zeiteinteilung.
Mit dem Maschsee, der Ihme und der Leine bietet Hannover gute Bedingungen zum Rudern. Die längste Ruderstrecke bringt es mit Hin- und Rückweg auf zwölf Kilometer. Über alle Vereine finden sich ca. 2.000 organisierte Ruder-Begeisterte in Hannover. Der DRC wurde bereits 1884 gegründet und gehört damit zu den 50 ältesten Ruderclubs in Deutschland. Er bietet Leistungs- und Breitensport für Jugendliche bis Senioren. Die Jüngsten fangen mit zehn Jahren an „das ist dann aber schon früh“, sagt Cheftrainer Thorsten Zimmer. Der 36-Jährige trainiert zurzeit zwölf bis fünfzehn Sportler*innen zwischen 18 und 30 Jahren und leitet dabei zwei Trainings pro Tag. Alle seine Sportler*innen wollen in die Nationalmannschaft kommen oder haben es bereits geschafft. Neben seinem ehrenamtlichen Engagement im Rudern arbeitet er in Teilzeit als Lehrer an der Humboldtschule in Hannover Linden.
Der Einfluss von Corona auf das Ruderleben
Nicht nur, dass Olympia um ein Jahr verschoben wurde, auch sonst fordert Corona seinen Tribut. Der Personenkreis der Sportlerinnen, die für Olympia trainieren, bleibt klein. Eine Ansteckung können sie sich nicht leisten. Dazu kommt, dass Auslandstrainings verkürzt wurden oder gar ganz ausfielen.
Frauke konnte gut mit der Unsicherheit, ob Olympia stattfindet, umgehen: „Mir ist es ziemlich leichtgefallen, weil ich relativ viel Sicherheit habe. Das ist gerade mein Job, dass ich trainiere. Ich bin von der Polizei zurzeit komplett freigestellt. Mir persönlich macht Training halt sehr viel Spaß, auch wenn ich keinen direkten Wettkampf vor mir habe.“ Für Frauke hat das Jahr extra Zeit für die Vorbereitung gebracht, bei Carlotta Nwajide sah es anders aus. Thorsten erzählt: „Carlotta war bereits qualifiziert und hatte eine gute Medaillenchance, sie musste sich dann erneut qualifizieren.“
Der Trainer versteht die schwierige Lage der Ruderin. „Aus einer Lebensplanung, die sich ja über Jahre entwickelt hat, auf einmal zu wissen, jetzt muss ich doch noch ein Jahr dranhängen, das war schon heftig, aber da haben wir gute Strategien entwickelt, wie jede einzelne damit umgehen konnte, um wieder Energie zu sammeln und dann das große Ziel wieder umzusetzen.“ Unter anderem die Trainingsumstellung konnte helfen, die Routine aufzulockern und wieder neue Motivation zu finden. Als Ausgleich zum Rudern bietet sich beispielsweise Radfahren, Joggen oder Yoga an. Krafttraining ist zu jeder Zeit essenziell.
Rudern im Deutschen Ruder-Club Hannover
Denn auch wenn Rudern im Breitensport ein sehr gelenkschonender Sport ist, der bis ins hohe Alter ausgeführt werden kann – im Leistungsbereich müssen Sportler*innen Acht auf Ermüdungserscheinungen geben. Frauke erzählt: „Viele Leistungssportler*innen haben Rückenprobleme in irgendeiner Art und Weise, Rippenbrüche, das ist so der Klassiker.“ Letztere können durch den Stressfaktor bei starken Ermüdungserscheinungen entstehen, dies sei sogar relativ häufig, gerade bei Frauen. Im Breitensport braucht man dies aber nicht zu befürchten. Hier wird auch „nur“ ein bis zwei Mal pro Woche trainiert, anstatt zwei bis drei Mal pro Tag. Beim DRC ist für jede Altersgruppe etwas dabei. In der Kindergruppe (zehn bis vierzehn Jahre) rudern zurzeit in etwa 30 Mädchen und Jungen, unter Betreuung von vier Trainerinnen und Trainern. Die Ü18-Jährigen teilen sich noch einmal in Freizeit- und Regattasport auf.
Beim Freizeitsport steht der Spaß im Vordergrund. „Hier unternehmen die Mitglieder zum regulären Training Wanderfahrten oder grillen nach dem Training noch zusammen“, sagt Christian Held, Vorstand im DRC. In der Regattasportgruppe trainieren ehemalige Leistungssportler*innen und ambitionierte Breitensportler*innen zusammen und bereiten sich auf die Teilnahme an Wettkämpfen im In- und Ausland vor. Die Regatten bieten den Ruderern die Chance, sich mit gleichaltrigen Gegner*innen zu messen.
Frauke will noch lange rudern, sie sagt: „Ich habe noch kein Enddatum für meine Ruderkarriere, ich werde aber nach Olympia wieder arbeiten müssen, da werde ich dann ein bisschen weniger in Potsdam sein und wieder mehr in Hannover trainieren. Ich würde jetzt noch nicht aufhören wollen, es macht mir einfach Spaß.“ Allen Grund weiterzumachen hat sie. Die durchschnittliche Olympiasiegerin im Rudern ist 29 Jahre alt.
Rudern
Die erste Weltmeisterschaft im Rudern fand 1962 statt. Vorerst allerdings lediglich für Männer. Zwölf Jahre später folgte die erste Weltmeisterschaft im Frauenrudern, trotzdem war der Sport bis in die 1980er Jahre eher männlich dominiert. Deutschlandweit gibt es insgesamt 120 reine Rudervereine und 90 Mehrspartenvereine mit Ruderangebot.
Autor: Laura Heine
Fotos: Christian Held