Die Begrüßung war schon immer ein Ausdruck von Wertschätzung, Respekt und ein Mittel, um die Menschen einander näherzubringen. Doch durch das Coronavirus verändern sich heutzutage die Umgangsformen.
Von Mahmoud Abu Khalifeh
In den meisten europäischen und westlichen Kulturkreisen sind der Handschlag oder der Händedruck gängige Begrüßungsrituale. Sie werden von Jung und Alt sowie Mann und Frau angewendet. In Spanien, Griechenland und den Niederlanden sowie Südamerika gehört ein Küsschen zum Begrüßungsritual – in Frankreich und Portugal sogar selbst zwischen den Kleinsten und Erwachsenen. Dabei gilt immer: die linke Wange zuerst, „Bussi links, Bussi rechts”. In arabischen Ländern wie Ägypten oder den Vereinigten Arabischen Emiraten ist ein leichter Händedruck mit Blickkontakt zwischen Männern ein gängiges Begrüßungsritual. Unter Frauen wird ein Handschlag oder Wangenkuss ausgeführt.
In afrikanischen Gegenden ist es üblich, zur Begrüßung einen kleinen Applaus zu geben. Das Klatschen in die Hände zur Begrüßung kann ein- oder mehrfach erfolgen, sodass tatsächlich ein Applaus entstehen kann. In Neuseeland beinhaltet der Gruß der Maori ein enges Zusammenführen der Köpfe, um den gegenseitigen Atem wahrzunehmen. Der „Hongi-Gruß“ symbolisiert den ersten Lebensatem zwischen zwei sich das erste Mal begegnenden Menschen. In Japan hat das Hinknien Tradition. Je tiefer sich jemand niederkniet, desto wichtiger ist der andere. Hierzulande kennt man diesen Gruß besonders aus Kampfsportarten wie zum Beispiel Martial Arts. In China sollte man sich mit aufeinanderliegenden Händen verbeugen. Nicht weit weg von China strecken einige tibetische Völker die Zunge heraus und ziehen pfeifend die Luft als traditionelle Begrüßung ein. Eskimos reiben ihre Nasen aneinander.
Neue Begrüßungsarten in Corona-Zeiten
Die oben genannten Begrüßungsrituale, die seit Tausenden Jahren existieren, haben sich nun innerhalb von ein paar Monaten geändert. Viele Menschen haben sich bereits daran gewöhnt, dass Händeschütteln bis auf Weiteres aus gesundheitlichen Gründen verboten ist.
In Zeiten von Corona sollte auf klassische und manchmal witzige Begrüßungsrituale verzichtet werden. Das heißt aber nicht, dass wir uns nicht auf anderem Wege begrüßen können. In der chinesischen Stadt Wuhan zum Beispiel, wo das Zentrum der Corona-Epidemie war, ist die neue Begrüßung „Wuhan shake“ erfunden worden. Diese Begrüßung beinhaltet „Füßeln“. Man begrüßt sich gegenseitig mit der Fußinnenseite. Einmal mit dem rechten und einmal mit dem linken Fuß. Menschen mit langen Beinen können diese Begrüßung entspannt anwenden. Kurzbeinige unterschreiten damit wahrscheinlich den empfohlenen Mindestabstand von 1,5 Metern und sollten sie besser nicht benutzen. Eine andere virenfreie Begrüßung ist der sogenannte „Elbow-Bump“. Hier treffen die Ellenbogen der Begrüßenden aufeinander. Da sich der Kontakt äußerst nah an der Armbeuge befindet, in die wir ja niesen sollten, ist sie mit Vorsicht zu genießen. Experten und Psychologen gehen stark davon aus, dass der Ellbogen sowie Füßeschütteln keine guten Alternativen sind, da wie beim Fausten der Abstand dabei kaum einzuhalten ist. Auch wenn der Faustgruß – als „Fist Bump“ mit einem coolen „Hey Bro“ oder „Ghettofaust“ bekannt – an sich virenfreier sein könnte als der Händedruck. Der Faustgruß kommt aus den USA und wurde unter anderem vom ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama besonders geprägt.
Experten und Psychologen gehen stark davon aus, dass Menschen zwar vermutlich für einige Zeit nach dem Virus Verhaltensänderungen pflegen und zum Beispiel eben Begrüßungsformen verändern werden. Wie lange das anhält, weiß niemand. Stellen wir uns vor, die Corona-Krise ist überstanden. Die Menschen können wieder uneingeschränkt nach draußen gehen und sich treffen. Werden wir uns zur Begrüßung noch die Hand geben oder uns umarmen? Wie wird zum Beispiel der Unialltag aussehen? Der 22-jährige Martin Müller, BWL-Student aus Hannover, ist der Meinung, dass wir noch mehr Zeit brauchen, um wieder zur Normalität zurückzukehren: „Ich werde sicher in der Zukunft aufs Händeschütteln verzichten. Das ist besser für mich und die anderen.“
Nach Angaben von Harry Gatterer, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts in Frankfurt am Main, sind mehrere Szenarien denkbar: „Nach der Corona-Krise begeben wir uns vielleicht in die ‚totale Isolation‘. Manche Menschen werden argwöhnisch, trauen anderen weniger. Im Zweifel schotten sich Staaten und Gesellschaften sogar ab. Ich denke auf jeden Fall, dass neue Begrüßungsarten zumindest in der nahen Zukunft eine große Rolle spielen werden, um den Sicherheitsabstand einhalten zu können.“
Was werden wir tun?
Eine der ersten Maßnahmen gegen das Coronavirus war die Aufforderung des Robert-Koch-Instituts, auf den Händegruß zu verzichten. Im Moment schüttelt außerhalb von Familien wohl kaum jemand in Deutschland einem anderen Menschen die Hand. „Das wird definitiv etwas sein, was uns im Alltag noch über viele, viele Monate begleitet“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. In diesem Sinne müssen wir einige berührungslose Kontaktaufnahmen lernen, die wir in der nahen Zukunft beibehalten können.
Nadine Kmoth, Coach für emotionale Kompetenz und Körpersprache aus Hamburg, empfiehlt in der Corona-Zeit einige alternative Begrüßungen, die es ermöglichen, den Mindestabstand einzuhalten.
1. Namaste: Diese Begrüßung kommt ursprünglich aus Indien und bedeutet: Ich verbeuge mich vor dem Göttlichen in dir. Hierbei werden die eigenen Handflächen zu einer betenden Geste aufeinandergelegt und durch eine kleine Beugung des Oberkörpers begleitet. Da man sich nicht gegenseitig berührt, kann man den empfohlenen Mindestabstand von 1,5 Metern gut einhalten.
2. Hand aufs Herz: Sie ist selbsterklärend und kommt aus dem arabischen Raum. Sie drückt unter anderem Wohlwollen und Herzlichkeit aus.
3. Winken: Das Winken wird weltweit und sehr facettenreich eingesetzt. Erhöht allerdings unter 1,5 Metern das Ansteckungsrisiko durch eine Schleudergefahr der Viren, sofern Menschen immer noch in ihre Hand niesen.
Egal, wie wir uns jetzt begrüßen, solange wir alle Maßnahmen respektieren, werden alle Begrüßungsarten in Zeiten von Covid-19 durchaus als höfliche Begrüßung durchgehen. Bei den Begrüßungsformen auf der ganzen Welt verhält sich jeder Mensch anders. Jeder hat aber nun die Möglichkeit, etwas gegen diese Pandemie zu tun, wie zum Beispiel einfach auf die unsicheren Begrüßungsrituale zu verzichten.
Weiterführende Informationen:
Das Ende der Gewissheiten
Erstlingswerk
Dieser Beitrag ist Bestandteil der Kooperation von radius/30 mit dem 2. Semester des Journalismus-Studiengangs der Hochschule Hannover unter Leitung von Prof. Stefan Heijnk, der freien Journalistin Sonja Steiner, Programmierer René Aye von Pyropixel und dem DJV Niedersachsen.