Lizbeth Hundefotografie: Jeder Hund ist großartig

20. Juli 2020 / Im Gespräch

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Julia Heise mit ihren Hunden Emmy, Nico, Luke und Patch (von links nach rechts).

„Lizbeth pustet Konfetti in dein Herz“ – das ist das Motto von Lizbeth Hundefotografie aus Neuwied. Hinter dem Namen steckt Hundefotografin Julia Heise, die ihre Leidenschaft, das Fotografieren, zum Beruf gemacht hat und mit viel Liebe zum Detail Hunde und ihre Herrchen und Frauchen ablichtet. Dabei liegen ihr Tierschutzhunde und Hundesenioren besonders am Herzen. Hunde, die nicht mehr lange zu leben haben, fotografiert sie ehrenamtlich in sogenannten Regenbogenshootings. Wir haben mit Julia über die Besonderheit dieser Shootings und ihren Weg in die Selbstständigkeit als Fotografin gesprochen.

radius/30: Von der Idee über die Umsetzung bis zu den heutigen Schwerpunkten: Wie hat sich deine Selbstständigkeit als Hundefotografin bis hin zu deinem Unternehmen Lizbeth Hundefotografie entwickelt?

Julia Heise: Meine Selbstständigkeit hat sich sehr holprig entwickelt. Von der Idee bis zur Umsetzung vergingen nur wenige Wochen. Im Januar 2014 kaufte ich mir meine erste Spiegelreflexkamera, um meine eigenen beiden Hunde Emmy und Luke schöner und besser fotografieren zu können. Im August 2014, also nur 8 Monate später, eröffnete ich bereits mein erstes Studio. Es war der klassische Sprung ins eiskalte Wasser.

Als gelernte Versicherungskauffrau hatte ich weder Erfahrung, was die Fotografie noch was die Selbstständigkeit anging. Aber schon kurz nachdem ich die ersten Bilder von Emmy und Luke mit der Kamera machte, wuchs in mir der Traum, irgendwann einmal auch andere Hunde fotografieren zu können. Dass es so schnell und so früh sein würde, hätte ich niemals gedacht, aber die Gelegenheit, ein kleines Ladenlokal als Studio anzumieten, war im Juni 2014 plötzlich da und ich wusste, wenn ich sie jetzt nicht am Schopf ergreife, werde ich mich mein Leben lang fragen: Was wäre gewesen, wenn …? Dieser Gedanke erschien mir unerträglich.

Also: Warum eigentlich nicht? Ich klärte alles mit meinem Arbeitgeber, denn meine Vollzeitstelle wollte ich für diesen Schritt nicht aufgeben. Sie war das Netz, das mich sicherte, falls ich bei meinem unsicheren Tanz auf dem Hundefotografie-Drahtseil doch fallen sollte. Engste Freunde und die Familie standen eng hinter mir und auch wenn viele von ihnen skeptisch waren, unterstützten sie mich, wo und wie sie nur konnten. Natürlich haben mich auch viele belächelt und nicht daran geglaubt, dass das funktionieren könnte. Ich selbst habe ja sehr daran gezweifelt und ich selbst habe mich oft genug für diesen Schritt belächelt. Es war auch einfach verrückt. Die ersten Kunden, die mich im Studio besuchten, brachten auch die ersten fremden Hunde mit, die ich fotografierte. Ich war absolut unvorbereitet. Ich hatte einfach diesen großen Wunsch und wollte alles dafür tun, ihn mir zu erfüllen. Ein Jahr wollte ich mir, Lizbeth und der Hundefotografie geben. Egal, was in der Zeit passiert, wie schlecht es auch laufen wird, das eine Jahr halten wir durch.

Und das Jahr lief schlecht, sehr schlecht. Ich dachte immer wieder, dass mein Traum ausgeträumt sei und es Zeit wäre, wieder aufzuwachen. In dieser Zeit entdeckte ich die Tierheim-Fotografie für mich, also ehrenamtlich Bilder von Hunden zu machen, die auf der Suche nach ihrer Für-Immer-Familie sind. In der Zeit arbeitete ich eng mit dem Tierheim Koblenz zusammen. Das war eine Arbeit, die mich sehr erfüllte und es bis heute noch tut. Die Bilder, die dabei entstanden, wurden sehr positiv aufgenommen. Waren sie doch ein toller Kontrast zu den vielen traurigen Hundebildern, die man den ganzen Tag so im Internet sah. Die Bilder der Hunde, die ich für das Tierheim fotografierte, wurden rege auf meiner Facebookseite Lizbeth Hundefotografie geteilt und dadurch wuchs meine Reichweite Stück für Stück und ich merkte, dass sich Lizbeth langsam herumsprach. Die Aufträge schossen von jetzt auf gleich in die Höhe. Auch ein Fernsehauftritt bei Martin Rütter, bei dem ich Tierheimhunde während einer Sendung fotografierte, half dabei. 15 Monate nach der Eröffnung meines Studios hatte ich es „geschafft“, keine 2 Jahre, nachdem ich meine erste Kamera gekauft hatte.


Der Kalender war voll, übervoll, schließlich arbeitete ich im Hauptberuf immer noch als Versicherungskauffrau. Die Hunde im Tierheim haben mir das ermöglicht. Sie haben nicht nur dabei geholfen, mich bekannt zu machen, gesehen zu werden, sondern auch dabei, meinen Stil zu finden, den ich bis heute beibehalten habe. Dabei waren sie die allerbesten Lehrmeister, haben mir mehr über die Hundefotografie beigebracht, als jeder Mensch es hätte tun können. Sie haben mich zu der Fotografin gemacht, die ich heute bin, und dafür danke ich ihnen jeden Tag. Heute bin ich selbstständige Hundefotografin. Mein Angestelltenverhältnis habe ich im November 2018 gekündigt. Niemals hätte ich früher gedacht, dass das mein Weg sein würde. Dass mein Traumberuf einmal Hundefotografin sein würde und dass ich das große Glück haben werde, diesen Traum auch leben zu dürfen.

Wie würdest du den Stil von Lizbeth Hundefotografie beschreiben und wie hast du ihn gefunden?

Julia: Mit meinen Bildern möchte ich die Seele eines Hundes einfangen. Ich möchte Bilder machen, bei denen die Besitzer sich sagen werden: „Ja genau, SO war unsere Emma!“, wenn sie sich die Bilder ein paar Jahre später anschauen. Meine Bilder sollen den unverwechselbaren und großartigen Charakter eines Hundes für immer festhalten. Meine Fotografie ist echt und immer auf das Wichtigste reduziert: Auf den Hund und auf die besondere Verbindung zwischen ihm und seinen Besitzern.

Der Stil wurde durch die Fotografie in den Tierheimen stark geprägt und geformt. Denn da war es mir ganz wichtig, die Hunde so festzuhalten, wie sie sind. Sie nicht als „arme“ Hunde zu zeigen, sondern als lustige, liebenswerte und herzensgute Hunde, die nichts mehr verdient haben, als eine Familie, in der sie geliebt werden. Ich lernte, die Portrait-Aufnahmen von Hunden zu lieben und die Grimassen, die sie so gerne aufsetzen, ganz nah mit und bei ihnen zu arbeiten und einen kurzen Moment in ihre Welt eintauchen zu dürfen. Ich finde, dass jeder Hund auf seine Art großartig ist, dass jeder Hund auf seine Art perfekt unperfekt ist und das möchte ich mit meiner Fotografie zeigen.

Was sind Regenbogenshootings?

Julia: Regenbogenshootings sind Shootings für Hunde, bei denen die Besitzer befürchten müssen, dass sie in absehbarer Zeit ihre letzte Reise, ihre Reise über die Regenbogenbrücke antreten müssen. Meist sind die Hunde sehr krank. Ich treffe mich mit den Besitzern und dem Regenbogenhund draußen in der Natur und wir gehen eine Runde spazieren, während wir reden und ich immer wieder Bilder von dem Regenbogenhund und gemeinsame Bilder von ihm und der Familie mache.

Diese Shootings fangen oft einen der letzten Momente von und mit einem Hund ein, das macht sie sehr besonders. Und obwohl der Grund, weswegen ich mich mit dem Hund und den Besitzern treffe, an sich ja kein schöner Grund ist, gehören diese Shootings für mich doch zu den schönsten. Ich höre während des Treffens so viele Geschichten von dem Hund, ich spüre die enge Verbindung zwischen ihm und den Besitzern, wir lachen viel und die Hunde genießen diese ganz besondere Aufmerksamkeit (und die Leckerchen, die ich immer mit dabei habe). Es sind wirklich sehr besondere Begegnungen, die auch ich für immer im Herzen trage.

Begegnung mit Monty

Text: Julia Heise von Lizbeth Hundefotografie

„Weißt du?“, sagt Monty, „alt werden ist richtig toll, alt sein dafür ganz schön schwer!“ Ich schaue ihm in seine trüben wunderschönen Augen und frage ihn: „Wie meinst du das, mein lieber Monty?“ An seinen Denkerfalten sehe ich, dass er grübelt, dass er überlegt, wie er mir das erklären kann, wo wir Menschen doch immer so schwer von Begriff sind. „Es ist so … alles, was ich geliebt habe, alles, was mir Sicherheit gegeben hat, alles, was mir vertraut war und was mein Leben voll gemacht hat, alles das verschwimmt jeden Tag ein bisschen mehr. Meine Frauchen, meine Herrchen klingen so weit weg, wenn sie mich rufen, ihren Schritten kann ich kaum noch folgen. Meine Nase spielt mir Streiche, der Boden, auf dem ich gehe, wackelt. Dadurch gerate ich immer wieder ins Taumeln. Manchmal habe ich Angst. Angst, dass der Tag kommt, an dem alles dunkel ist, an dem ich plötzlich alleine bin.“

Ich schaue ihn traurig an und ringe schon um Worte, doch dann erzählt er weiter, während er zu lächeln beginnt: „Aber dann sind sie da. Meine Familie. Sie sind immer da und drücken mich, küssen mich, spielen mit mir, wenn ich ‚meine 3 Minuten habe‘. Sie flüstern mir ins Ohr, dass sie mich lieb haben. Ich weiß nicht, was es bedeutet, aber mein Herz wird immer ganz warm, wenn sie das sagen. Und dann weiß ich: Ich werde nie alleine sein, es wird nie dunkel sein. Denn so viel sich auch verändert, sie bleiben immer da, wo sie seit dem ersten Tag waren: in meinem Herzen. Sie machen mein Leben bunt. Das wird sich niemals ändern. Das zu wissen, macht alles viel, viel leichter. Liebe macht schwere Sachen viel, viel leichter. Hast du das gewusst?“ Er lacht mich an und bevor ich darauf antworten kann, dreht er sich um und folgt seinem Frauchen zurück ins Haus. Auf wackeligen Beinen, dennoch ganz zielstrebig. Ich sitze noch eine Weile im Gras und denke darüber nach. Das Erste, was ich gemacht habe, als ich wieder Zuhause war, war, meine Hunde ganz feste zu drücken, ihnen einen dicken fetten Kuss auf die Stirn zu verpassen und ihnen zuzuflüstern, dass ich sie unfassbar lieb habe.

Interview: Susanne Bührer

Das vollständige Interview mit Julia Heise finden Sie in unserer aktuellen radius/30 Sommerausgabe.

Regenbogenshootings in der Region Hannover

In der Region Hannover werden Regenbogenshootings u. a. von Linda Pfeiffer und Timm Conrad angeboten. Zum Interview mit Linda Pfeiffer geht es hier.

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