„Kein Pesto, keine Pasta, kein gar nichts!“
In Neuseeland wurde am 25. März der nationale Notstand ausgerufen. Viele Work and Traveller verließen mithilfe der deutschen Botschaft die Insel. Doch was ist mit denen, die dort geblieben sind? Josephine Blank wollte noch lange nicht zurück nach Deutschland. Die 19-Jährige lebt seit einigen Monaten in einem Hostel in Auckland.
Von Marilyn-Luise Utke
Nachbarschaftshilfen, Gelder vom Staat und Applaus für Ärzte und Pfleger – so hält Deutschland zusammen. Gibt es sowas auch in Neuseeland?
Nachbarschaftshilfen gibt es bei uns nicht wirklich, denn ich wohne in einer Gegend mit mehreren Hostels. Ich kann mir vorstellen, dass es in den ländlichen Regionen Nachbarschaftshilfen gibt. Manche Work and Traveller registrieren sich bei Online Shop Assistant. Das war eine Option während des Notstands, Geld zu verdienen, indem man für andere einkaufen geht.
Wie kannst du es dir leisten, weiterhin in Neuseeland zu bleiben, wenn alles schließt und du nicht mehr arbeiten gehen kannst?
Vor dem Lockdown habe ich viel gejobbt und dazu habe ich genügend Ersparnisse. Vom neuseeländischen Staat bekommen alle Work and Traveller, die vor der Pandemie gearbeitet haben, Zuschüsse. Ich erhalte pro Woche 480 Dollar. Damit lässt es sich gut leben. Außerdem arbeite ich auch noch im Hostel in der Waschküche und muss somit meine Unterkunft nicht bezahlen.
Am Anfang der Krise machten viele Deutsche Hamsterkäufe. Was wurde in Neuseeland gehortet?
Chips und Schokolade wurden am meisten eingekauft, zumindest von den Leuten, die hier im Hostel wohnen. Vor dem Lockdown waren die Regale im Supermarkt wie leergefegt. Kein Pesto, keine Pasta, kein gar nichts! Aber jetzt hat sich das wieder beruhigt.
Wie ändern sich deine Pläne?
Ich wollte eigentlich Mitte April mit dem Auto die Nordinsel Neuseelands erkunden. Jetzt, da die Winterzeit in Neuseeland kommt, weiß ich noch nicht, ob ich reisen werde. Als die deutsche Botschaft im April Flüge angeboten hat, sind viele Deutsche heimgeflogen. Da war ich mir unsicher, ob ich auch abreisen sollte. Die meisten Briten und Franzosen sind hier in Neuseeland geblieben.
Wovor hast du am meisten Angst?
Um meine Freiheit. Hoffentlich darf ich später überhaupt noch in Neuseeland hin- und herreisen. Angst hatte ich auch, als mein Vater sagte, dass der letzte Flug nach Deutschland am 14. April geht. Danach hat Deutschland nicht mehr geholfen. Angst vor dem Virus habe ich nicht, aber davor, es an andere weiterzugeben, wenn ich es haben sollte.
Anders als in Deutschland gibt es in Neuseeland „Levels“ von eins bis vier, die die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen gegen das Coronavirus angeben. Wenn du nun auf die Zeit der höheren Levels zurückblickst, wie geht es dir dabei?
Level 4 war schon sehr hart, weil man das Hostel nicht ohne triftigen Grund verlassen durfte. Aber in den niedrigeren Levels scheint es so, als wäre alles normal und als hätten wir wieder alle Freiheiten. Das merkt man daran, dass Leute im Hostel einchecken dürfen. Und man darf seine „Bubble“ erweitern, das heißt mehr rausgehen und Leute treffen. In Level 4 waren gefühlt an jeder Ecke Polizisten! Trotzdem habe ich mich richtig entschieden, hier zu bleiben. Denn ich habe hier tolle Leute kennengelernt. Es würde mir sehr schwerfallen, das Hostel oder Neuseeland zu verlassen.
Erstlingswerk
Dieser Beitrag ist Bestandteil der Kooperation von radius/30 mit dem 2. Semester des Journalismus-Studiengangs der Hochschule Hannover unter Leitung von Prof. Stefan Heijnk, der freien Journalistin Sonja Steiner, Programmierer René Aye von Pyropixel und dem DJV Niedersachsen.