Die Digitalisierung hat die Art, wie wir heute Medien nutzen, grundlegend verändert. Informierte man sich früher in der Tageszeitung, den Nachrichten im Fernsehen oder der Illustrierten vom Kiosk über das aktuelle Tagesgeschehen, Modetrends und Rezeptideen, so vereint diese Kanäle heute alle das Internet.
Die Digitalisierung hat die Gesellschaft verändert und verändert sie weiter – das Leben ist schneller geworden, rastloser und online ist alles nur noch einen Klick entfernt. Die Vielfalt an Möglichkeiten, an Produkten und Konsumgütern kann verunsichern. Und genau da kommen Influencer ins Spiel: Sie wollen uns die Orientierung und den Halt bieten, der uns im Online-Dschungel leicht verlorengeht. Die Zielgruppe der Influencer sind Digital Natives – also die jungen Menschen, die bereits in der digitalen Welt aufgewachsen und mit Laptop, Smartphone oder Tablets bestens vertraut sind. Bei ihnen sind Influencer regelmäßig zu Gast auf dem Bildschirm. Sie haben in dieser Generation weniger den Status eines Promis, sondern vielmehr den eines besten Freundes. Man scheint sie zu kennen – lassen sie uns doch intensiv an ihrem Privatleben teilhaben. Ihre Beiträge erscheinen zwischen denen unserer Freunde und Familie und fügen sich da nahtlos ein. Die Auswahl an Influencern, denen man folgen kann, ist groß. Man kann sich bequem diejenigen aussuchen, die zu einem passen, die die eigenen Bedürfnisse erfüllen und gleichzeitig Projektionsfläche für unsere eigenen Sehnsüchte bieten, solange sie auf uns authentisch wirken und ihre Themen uns interessieren. Sollte sich das ändern, folgt man eben mit einem Klick einfach nicht mehr.
„Influencer“ wird als Berufsbezeichnung häufig noch belächelt – schwingt doch immer ein bisschen mit, dass es mehr ein Hobby als ein ernstzunehmender Beruf ist – und dennoch ist es jetzt schon als ein Bestandteil des Marketing-Mixes nicht mehr wegzudenken. Gerade die Tatsache, dass Blogger nahbarer sind als Promis, spielt vielen Unternehmen in die Karten. Ein Beispiel dafür ist die #givingisthenewblack-Box der Drogeriemarktkette dm. Für die Aktion GIVING FRIDAY – ein Freitag, an dem dm als Gegenentwurf zum Black Friday 5 Prozent des Tagesumsatzes an Bildungsprojekte für Kinder und Jugendliche spendet – befüllten die Influencer Sarah Harrison, Barbara Sofie, Hatice Schmidt, Carmushka und Ana Johnson jeweils eine Box mit ihren fünf Lieblingsprodukten aus dem dm-Sortiment. Die Nachfrage nach den limitierten Sonderboxen war sowohl in den dm-Märkten als auch online so groß, dass die Boxen innerhalb weniger Stunden online ausverkauft waren.
In Sachen Verdienstmöglichkeiten kursieren die unterschiedlichsten Zahlen. Blogmeter, ein Unternehmen, das sich auf Monitoring- und Analysetools für Social Media für Agenturen und Unternehmen spezialisiert hat, erstellte zusammen mit HopperHQ eine Liste der zehn größten Instagram-Influencer. An erster Stelle steht die Beauty Influencerin Huda Kattan, die unter dem Namen @hudabeauty auf Instagram 25,6 Millionen Follower hat. Kattan erstellt im Durchschnitt neun Beiträge pro Tag und weist ein monatliches Engagement von etwa 54 Millionen Nutzern auf. Sie verdient angeblich ungefähr 18.000 Dollar mit einem gesponserten Post. Eine #INREACH-Umfrage unter deutschen Influencern hat allerdings ergeben, dass die tatsächlich erzielten Honorare hierzulande bei durchschnittlich 600 Euro pro Post liegen. Doch Freud und Leid liegen oft nah beieinander: Berichte von gekauften Followerzahlen und Schleichwerbung schaden dem Image der „digitalen Freunde“.
Ab wann Postings als Werbung gekennzeichnet werden müssen, ist immer wieder ein spannendes Thema. Die aktuelle Rechtslage ist unübersichtlich und stellt eine Grauzone dar. Klar ist, dass gewerblich genutzte Accounts kennzeichnungspflichtig sind und unter diese Kennzeichnungspflicht fallen sogar selbst gekaufte Produkte, wenn der Post dazu werblich ist. Prominentes Beispiel für die rechtliche Debatte um die Verschleierung von Werbung ist Cathy Hummels, die von Abmahnern ausgewählt wurde, um ein Exempel zu statuieren. Der Verband Sozialer Wettbewerb hat eine einstweilige Verfügung gegen sie erwirkt. Der Vorwurf: Sie mache auf Instagram Schleichwerbung, weil sie einige Posts nicht als Werbung gekennzeichnet hat. Hummels dagegen sieht mit der Kennzeichnungspflicht ihre Meinungsfreiheit eingeschänkt. Ein Urteil ist noch nicht in Sicht – es könnte aber richtungsweisend für eine ganze Branche sein.
Wir haben drei Fachleute nach ihrer Meinung zum Thema Influencer Marketing und Bloggen befragt:
Theresa Hein studiert den Master Medien und Politische Kommunikation an der Freien Universität Berlin. Zuvor hat sie im Bachelor Medienmanagement an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover studiert. In ihrer Geburtsstadt Hannover gründete sie 2015 den Instagram-Account und Blog Hannoverlife, der sich zu dem erfolgreichsten Profil über die Stadt Hannover entwickelt hat.
Timo Lommatzsch berät seit mehr als 10 Jahren Unternehmen und Organisationen in zeitgemäßer digitaler Kommunikation rund um Content und Influencer Marketing. Aktuell ist er Geschäftsführer der Agentur MT-Medien in Hannover und veröffentlicht einen Podcast zum digitalen Wandel in der Kommunikation.
Nick Akinci ist Partner der Kanzlei Heidrich Rechtsanwälte in Hannover. Neben Influencern und Agenturen berät er Unternehmen im Bereich Datenschutz sowie IT- und Vertragsrecht.
Text: Susanne Bührer